Standard Chefredakteurin - bewusst ein Sonderfall!

20. Januar 2012

Diese Woche wurde die biber-Akademie zu einer Redaktionssitzung bei derStandard eingeladen. Diese lief ziemlich geordnet, respektvoll und konstruktiv ab. Sehr angenehm wie ich finde. Danach durften sich wir Stipendiaten an den "großen Tisch" zur Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid gesellen und sie nach Lust und Laune ausquetschen.

Bereits in der Volksschule stach sie mit ihrer Leidenschaft für´s Schreiben heraus. Sie wusste auch schon bald, dass sie Journalistin werden will. Als derStandard 1988 gegründet wurde war Föderl-Schmid 17 Jahre alt. Ihr erster Artikel erschien dort dann zwei Jahre später.

Wenn man sie fragt, was denn so toll an derStandard ist, dass sie seit 22 Jahren von dort nicht weggeht, antwortet sie bestimmt: "'Weil es die beste Tageszeitung Österreichs ist. Liberal und unabhängig. Jeder Autor darf schreiben was er will, auch wenn ich nicht mit allen Kommentaren einverstanden bin. Solange sie nicht von der Blattlinie abweichen oder wir uns eine Klage einheimsen ist alles erlaubt."

Von 1993 bis 2004 lebte sie als Korrespondentin in Berlin, wo sie ihren Mann Markus Föderl-Höbenreich kennenlernte, den Chefredakteur des deutschen Nachrichtensenders n-tv.

Nachdem sie gerade mal 1 Jahr Brüssel-Korrespondentin war, wurde sie wieder nach Wien geholt, um die Leitung des Wirtschaftsressorts zu übernehmen. Am 1. Juli 2007 wurde Föderl-Schmid zur Chefredakteurin der Tageszeitung ernannt. Förderl-Schmid schildert, dass nicht der Umstieg von Ressortleitung zur Chefredaktion gewöhnungsbedürftig war, sondern wieder zurückkehren aus dem Ausland nach Wien.
Man sieht ihr die Wehmut an, wenn sie sich an die Zeit als Korrespondentin zurückerinnert. Das Schreiben fehle ihr. Den Chef-Posten mache sie solange, solange sie Herzblut dafür verspürt. Wenn das mal verschwunden sein sollte, müsse jemand anderes den Job übernehmen. Dann würde sie vielleicht ihrem Traum als Südamerika-Korrespondentin nachgehen.



Ein Auszug aus dem Chat vom Februar 2008 auf derStandard-Homepage soll ihre Stimmung nach der Übernahme des Postens der Chefredaktion veranschaulichen, eine Stimmung, die sie uns am Tag unseres Besuches noch genauso geschildert hat:

User: "ist das erreichen des chefredakteursposten ein berufsziel für sie gewesen? oder gibt es da auch zwiepältige gefühle?"
Föderl-Schmid: "Nein. Es war kein Ziel, das ich angestrebt habe, aber ich bin dafür ausgewählt worden. Mein Ziel war immer möglichst viel Spaß an der Arbeit zu haben und ich hoffe, dass das weiter so sein wird. Ich bin mir aber bewusst, dass das in Zukunft viel schwieriger zu erreichen sein wird."

User: "...Jedoch befürchte ich, dass der Standard noch wirtsch aftslastiger sein wird, als er es ohnehin schon ist. Liege ich da richtig?“
Föderl-Schmid: "Das glaube ich nicht. Aufgrund meiner Biographie ist das nicht zu befürchten. Ich habe als Chronik- und Innenpolitik- Journalistin des Standard in OÖ begonnen und war 13 Jahre im Ausland. Aufgrund dieser Erfahrungen ist mir beides wichtig. Meine Wurzeln in der Region und der Blick hinaus. Denn Österreich ist nicht der Bauchnabel der Welt auch wenn man sich sehr oft dafür hält."

Sehr ehrlich wird sie, wenn es um die gesunde Distanz zur Politik geht. Diese hat sie sich bewusst aus Deutschland behalten und hat nichts dagegen dadurch ein Sonderfall in der österreichischen Medienlandschaft zu sein. "Ich bin mit keinem Politiker per Du", sagt sie stolz. Da sie öfter zu ihrem Mann zwischen Berlin und Wien hin und her pendelt hat das Fremdeln mit Österreich noch nicht aufgehört. In Deutschland liest sie Tageszeitungen wie die Süddeutsche oder DerTagesspiegel, die sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen und ihr klarmachen, dass Wien nicht das Zentrum der Welt ist, was sie für ihren Job als sehr wichtig anssieht.

Auf dem Foto, das im Büro von Alexandra Föderl-Schmid entstanden ist, sieht man ein blaues Bild, das ihr Bruder während seines Kunststudiums gemalt hat. Wenn man davor steht, merkt man, dass der Rahmen alles andere als perfekt ist. Föderl-Schmid wollte ihn auch deswegen bearbeiten lassen, aber ihr Bruder wehrte sich, weil jegliches Verändern seines Bildes seine künstlerische Freiheit beschneiden würde. So hängt dieses Bild als Symbol für Freiheit und Himmel so authentisch wie nur möglich an dieser Wand.


Bild: Andreas Marinovic
Quellen: http://derstandard.at/; http://de.wikipedia.org/
 

Kommentare

 

danke für den ausführlichen bericht, Sarah..es ist, als wär ich dabei gewesen...

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