Verlinkt, Vernetzt, Verliebt?

08. Juli 2021

Die Jugend von heute weiß nicht mehr, wie man flirtet? Alle sind nur noch auf Tinder und Co.? Wir gehen diesen Vorurteilen auf die Spur und begaben uns in einen wahrhaftigen Flirtdschungel: Ein sommerlich heißer Sonntag in einem Wiener Freibad.

Von Nada El-Azar, Fotos: Zoe Opratko

DISCLAIMER: WIR WOLLEN ANMERKEN, DASS DIE ZITATE NICHT IMMER MIT DEN ABGEBILDETEN PERSONEN ÜBEREINSTIMMEN. MANCHE HABEN SICH NICHT GETRAUT, SICH MIT GESICHT ZU ZEIGEN - WAS BEI SO VIELEN PIKANTEN DETAILS VERSTÄNDLICH IST. 

Zoe Opratko
Zoe Opratko

WIRD STÄNDIG ANGESCHRIEBEN
„Also ich bin nicht so der Typ für das Chatten über Social Media, ich mag es lieber Oldschool. Ich habe aber Freunde, die viel auf Tinder sind. Einer von ihnen hat praktisch jede Woche jemanden am Start. Aber so ist es nun mal: Wenn von zehn Mädchen neun eine Absage erteilen, springt irgendwann jemand auf ihn an.“
Jenny*

MAG ES OLDSCHOOL
„Was ist denn eigentlich Tinder? Ich habe viel die Bravo gelesen, als ich jünger war, es gab ja immer auch Flirt-Tipps drin, oder eben den Doktor-Sommer-Teil. Ich finde, am besten lernt man Leute auf Instagram kennen. Ist ja eh klar, dass ich ständig angeschrieben werde. Persönlich wurde ich noch nie so von einem Mann angesprochen, dass ich es cool fand. Bei Instagram interessiert mich am meisten, was für einen Style ein Typ so hat.“
Musa*

 

Foto: Zoe Opratko
Foto: Zoe Opratko

ALLE FREUNDINNEN SIND SINGLE

 „In meinem Freundeskreis ist das so: Wer jemanden kennenlernen will, geht einfach auf Tinder. Ich hatte mal ein Tinder-Date mit einem Typen, der sich auf Anhieb richtig viel Mühe gegeben hat. Er hat für mich gekocht, mich gut bedient, wie ein Gentleman. Und zum Schluss hatten wir auch Sex – danach hat er sich nicht mehr gemeldet. Als ich ihn zur Rede stellte, meinte er einfach, er sei beschäftigt gewesen. Ich habe jetzt schon so viele Erfahrungen mit Ghosting gemacht. Und so geht es nicht nur mir, sondern auch vielen meiner Freundinnen. Dann schreibt man einige Zeit lang oder trifft sich auch einmal, und plötzlich hört man nichts mehr. Meine Freundinnen sind extrem hübsch und haben alle keinen Freund. Was ist da nur los?“

Marie*

 

HOMEPARTYS SIND AM BESTEN

Tinder ist so ein Bullshit! Ich lerne die Frauen persönlich kennen. Am besten beim Reisen – ich bin Zugbegleiter, ich bin deswegen viel unterwegs. Sonst gehe ich gerne auf Homepartys, da sieht man auch ständig neue Leute. Das Schlimmste, was mir jemals passiert ist? Ich hatte mal eine Stalkerin. Nicht auf Instagram, sondern im echten Leben. Egal, in welchem Club ich war – sie war da. Egal, wo ich hingehe – sie war da. Ich hab‘ was mit einem Mädchen – sie schickte mir Fotos. Das war cringe. Social Media macht Beziehungen kaputt. Aber Wien ist klein, es spricht sich eh alles rum.“

Erkan (22)

 

Foto: Zoe Opratko
Foto: Zoe Opratko

APPS SIND ZU OBERFLÄCHLICH

 „Also ich bin ja ein klassischer Baby-Boomer. Zu meiner Zeit hat man Frauen doch am besten beim Tanzabend im Jack Daniel‘s oder dem Volksgartenkennengelernt. Früher gab es immer einen Zeitpunkt, an dem langsame Musik gespielt wurde, wo man schon vorher schauen konnte, mit wem man da tanzen möchte. So habe ich auch meine erste Frau kennengelernt. Damals war es nicht üblich, dass Frauen den ersten Schritt auf Männer zumachen, davor hatte man Angst! Was die Dating-Apps betrifft: Ich finde es absolut ok, sich aus einem ‚Katalog‘ Leute auszusuchen. Die Romantik kann ja kommen, wenn man sich trifft. Aber es wird da eben viel geschummelt. Und das Flirten fällt dann auch zum großen Teil weg. Heutzutage sieht man viele Frauen, die sich einen älteren zehn oder 15 Jahre älteren Lebensgefährten suchen, das hat es damals nicht so oft gegeben. Bei denDating-Apps von heute geht es doch nur um Oberflächlichkeit. Aber es gehört noch viel mehr dazu, als gutes Aussehen!“

Bernie (54)

 

Foto: Zoe Opratko
Foto: Zoe Opratko

ZU DIREKT

 „Ich habe mich spontan mit jemandem von einer Dating-App zu einem Spaziergang in der Innenstadt verabredet. Es dauerte nicht lange, bis er mir gleich folgende drei Optionen anbot: One-Night-Stand, Freundschaft Plus und eben einmaliges Treffen ohne Wiederholung. Dann meinte er, wenn der One-Night-Stand gut wäre, könnten wir ein Upgrade zur Freundschaft Plus machen. Das fand ich schon ein wenig schräg. So viel Direktheit tötet den Flirt, bevor überhaupt Spannung entstehen konnte.“

Sara*

 KEINE GROßEN SPRÜCHE

„Wozu brauch ich denn Anmachsprüche? Was zur Hölle meint ihr mit Charakter? Es reicht doch der BMWvon meinem Onkel und ein Tisch im Scotch!“

Fabio*

Foto: Zoe Opratko
Foto: Zoe Opratko

FLIRTEN BEGINNT IM KOPF

 „Natürlich ist es schon arg, wie gut alle Mädchen auf Tinder aussehen. Da sind aber immer Filter dabei. Mich stört es auch nicht, wenn sie stark geschminkt sind, aber es verfälscht Dinge halt. Ich hab schon erlebt, dass ich Leute treffe, die komplett anders ausgesehen haben, als auch ihren Fotos. Wenn sie mich intellektuell fordert, schreibe ich auch gerne zwei, drei Tage auf Instagram mit ihr und mache mir ein Treffen aus.

Dave (26)

Foto: Zoe Opratko
Foto: Zoe Opratko

KASSIERTE NOCH NIE EINEN HARTEN KORB

 „Instagram und so, schön und gut! Aber der erste Eindruck zählt. Auf Fotos kann sich jeder so präsentieren, wie er und sie will. Wenn ich ein Mädchen sehe, das mir gefällt, mache ich erst mal Augenkontakt. Wenn sie mich anlächelt, spreche ich sie einfach an. Der schlimmste Vorfall beim Flirten? Ich kann nicht wirklich sagen, dass ich jemals einen harten Korb kassiert habe. Viel mehr sagt sie dann, sie hätte einen Freund oder halt kein Interesse.“

Michael (21)

Foto: Zoe Opratko
Foto: Zoe Opratko

KULTURSCHOCK

 „Ich bin ursprünglich aus der syrischen Stadt Rakka, die viel konservativer ist, als Damaskus. Da ist Flirten natürlich schon schwieriger. Aber immerhin nichts im Vergleich zu Saudi Arabien, wo ich auch einmal war. Dort gibt es praktisch keinen Kontakt zwischen Männern und Frauen. Von Bekannten habe ich gehört, dass es keine Seltenheit ist, dass Männer andere Männer sexuell belästigen oder gar vergewaltigen. Und Frauen experimentieren viel untereinander – das sind aber alles Dinge, über die niemand offen spricht. Damals hat man nur flirten können, in dem man sich gegenseitig mit seinem Blackberry Podcasts hin und her schickt, und eine ID zum Chatten gleich mit. Mittlerweile dürfen Frauen dort auch Auto Als ich vor sechs Jahren nach Wien kam, hatte ich natürlich meine Vorurteile aus Syrien. Die Frauen seien alle Schlampen, weil sie so freizügig sind und so weiter. Ich bin mit dem Gedanken aufgewachsen, dass eine Frau, die einen tiefen Ausschnitt trägt, nicht gebildet sein könnte. Aber je mehr ich mit Menschen hier in Kontakt war, desto schneller konnte ich diesen Kulturschock überwinden. Auf mich kommen andere Syrer zu und fragen, wie ich das mit dem Flirten mache. Und ich kann ihnen nur sagen, dass die Frauen hier einfach Respekt wollen. Ich hatte eine Freundin aus Venezuela und sie hat nichts anderes von mir verlangt als Amjad.“

Amjad(24)

Foto: Zoe Opratko
Foto: Zoe Opratko

GHOSTING, LOVEBOMBING, BENCHING, ETC.

Für jedes Dating-Phänomen scheint es mittlerweile einen Begriff zu geben. Besonders geläufig geworden ist das „Ghosting“, bei dem ein Mensch einfach von der Bildfläche verschwindet und weder auf Nachrichten, noch Anrufe reagiert. Der Kontakt kann von einen Tag auf den nächsten plötzlich abgebrochen werden, ohne Erklärung. Als Grund dafür wird häufig die Scham angegeben, einem Menschen erklären zu müssen, warum aus der Beziehung nichts wird. Mittlerweile ist der Begriff Ghosting sogar in der Arbeitswelt angekommen: Immer wieder erscheinen Menschen von einen Tag auf den nächsten nicht am Arbeitsplatz, und vermeiden auf diese Art unangenehme Gespräche mit dem Vorgesetzten. Als „Lovebombing“ wird hingegen die Überschüttung mit romantischen Gesten bezeichnet.Das geschieht häufig in durch manipulative, narzisstisch veranlagte Menschen, die möglichst schnell Bestätigung in Form von Liebesbeweisen zurückerhalten wollen. Beim „Benching“ wird man buchstäblich auf eine „Wartebank“ gesetzt, aber die Wahl nicht unbedingt auf einen fällt.

Foto: Zoe Opratko
Foto: Zoe Opratko

DEN ERSTEN SCHRITT MACHT HEUTE FRAU

Mann spricht Frau an. So war es lange Zeit und wird wohl noch in Zukunft häufig der Fall sein. Aufbrechen will dieses Konzept die Dating-App Bumble, bei der ein Chat zwischen Männern und Frauen nur dann freigeschaltet wird, wenn Frau den ersten Schritt macht. „Ich nutze Bumble und es gefällt mir viel mehr als Tinder. Früher war es häufig so, dass mir Typen nach kurzer Zeit nicht mehr zurückgeschrieben haben und der Großteil meiner Matches ins Nichts geführt haben. Mein Rekord ist momentan drei Dates innerhalb einer Woche gehabt zu haben, die alle nicht schlecht ausgegangen sind, wenn ihr versteht, was ich meine!“, verrät eine anonyme Bumble-Nutzerin.

 

„MILLENIALS HABEN DATING RUINIERT“

Der Generation der Millenials wird nachgesagt, besonders flirtfaul zu sein. Casual Sex, Sexting und Dating-Apps waren noch nie so verbreitet und akzeptiert wie jetzt. Und trotzdem zeigen Studien, dass Teenager und junge Erwachsene heutzutage viel weniger Sex haben, als noch ihre Eltern. Der Grund dafür ist einerseits, dass Menschen zwischen 20 und 30 Jahren viel seltener in langfristigen Beziehungen sind, als es früher der Fall war. Andererseits sind der freie Zugang zu Online-Pornografie und der spätere Auszug aus dem Elternhaus ebenso wichtige Faktoren für das Ausbleiben von romantischen Avancen.  

 

 

DISCLAIMER: WIR WOLLEN ANMERKEN, DASS DIE ZITATE NICHT IMMER MIT DEN ABGEBILDETEN PERSONEN ÜBEREINSTIMMEN. MANCHE HABEN SICH NICHT GETRAUT, SICH MIT GESICHT ZU ZEIGEN - WAS BEI SO VIELEN PIKANTEN DETAILS VERSTÄNDLICH IST. 

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