Vom Hausmeister zum Uni-Master

08. Oktober 2020

Manchmal muss bloß die Arbeitsstelle der Eltern auf dem richtigen Weg liegen, um in einer tollen Schule zu landen. Der Bildungsweg eines Parkkindes.

Von Ivana Cucujkić

 „Vielleicht wäre eine leichtere Schule besser für ihr Kind“, haben bestimmt nicht nur meine Ausländer-Eltern zu hören bekommen. Und zack, landen viel zu oft Kinder mit anderen Wurzeln in Schulformen, die ihnen von vorneweg Türen zu bestimmtem Karrierewegen verschließen. Dass gerade ich in einem Elite-Gymnasium gelandet bin, war nicht Resultat einer akribischen Recherche sämtlicher Bildungsinstitute Wiens. Die Schule lag schlicht auf dem Weg zur Arbeit meines Vaters. Er konnte mich dort absetzten und weiterfahren. Ur praktisch. Ur Glück.

DAS SERBISCHE HAUSMEISTERKIND & THE RICH KIDS FROM DÖBLING

Unter den Regisseurtöchtern und Arztsöhnen war ich neben Dejan, dessen Papa Nachtclub-Besitzer war und Angela, der 1,85-Polin - mehr hab‘ ich in all den Jahren nie von ihr erfahren - eine ziemliche Exotin. Und Außenseiterin. Ich trug keine Timberlands, dafür Orsay. Ich stand auf Ceca. Meine Schulkameraden auf Kurt Cobain. Beim ersten Skikurs war ich mit 14 die einzige, die noch nie auf Skiern gestanden ist. Doch vorher musste ich irgendwie diese acht Jahre absolvieren. Koste es, was es wolle. Das hat die Regierung beim Lockdown auch angekündigt. Meine Eltern aber haben tatsächlich ein riesiges Loch ins Haushaltsbudget gerissen, um mich mit privaten Nachhilfestunden durch meine Mathe-Krise bis zur Matura zu boxen.

GOETHE IST GUT, MAGISTER IST BESSER

Es heißt, Erfahrungen sind die Schule des Lebens. Diese acht Jahre Oberschicht-Gymnasium haben mich einiges gelehrt. Goethes Zauberlehrling, schlüpfrige Gedichte auf Latein und dass mein zukünftiger Beruf nichts mit Kurvendiskussionen zu tun haben wird. Vor allem aber wusste ich: Der einzige Weg, um weiterzukommen, ist die Uni. In einem Land, in dem man in der Arztpraxis mit „Frau Dr. Magister Schuster“ aufgerufen wird und der Dipl.-Ing. am Türschild als Präfix zum Familiennamen prangert, führt kein Weg am Titel vorbei.

MIT AUDI INS AUDIMAX

Und da saß ich nun. Im wunderbar versifften, im dunklen Holz verkleideten (Version 2003) Audimax der Hauptuni. Zum ersten Mal fühlte ich mich frei und gleich. Neben einigen Wienern studierte ich gemeinsam mit vielen Deutschen und internationalen Studis. Der Prof war zu allen gleich oarsch. Das war eine Offenbarung und die beste Zeit meiner knackigen Jugend. Zum Uni-Leben gehört auch eine eigene Wohnung. Meine Eltern präsentierten mir alternativ Imagefolder der neuesten Kleinwagenmodelle. Es hat gedauert, bis sie sich aus ihrer Jugo-Denke „das Kind braucht jetzt mal einen gescheiten Wagen auf Leasing“ befreien konnten und ihre Tochter mit 23 alleine, ohne Freund, vor der Ehe mit Bauchkrämpfen ausziehen ließen. Die Wohnung befand sich drei Stiegen weiter… Aber weit genug, um unerkannt von den legendären Rathaus-Partys ausnüchtern zu können. In diesem Sinne guten Start ins 1. Semester und zamzamzamzam Prost!

 

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