Wenn eine Frau sexuell belästigt wird und alle nur zusehen.

08. März 2017

Ein Gastbeitrag von Ola Sarah Mohammed

Frauentag hin oder her- das Letzte, dass Frauen meiner Meinung nach brauchen könnten, sind Rosen oder ein Tag, an dem ins Leben gerufen werden muss, wie wichtig/kreativ/awesome/cool/zielstrebig/innovativ wir nicht doch für die Gesellschaft oder das Leben sein können. Wie Christine Nöstlinger sagt, das Binnen-I ist dafür zu wenig. Rosen am Arbeitsplatz vom Chef zu bekommen auch. Irgendwo auf Facebook kursierte ein Bild von einer älteren Frau, welche ein Plakat mit der Aufschrift "I can't believe I'm still protesting this shit" hält - das übernehme ich jetzt hier auch mal kurz. Warum ich diesen Eintrag aber schreibe, hat eine ganz andere Motivation. 

Und dann sehen alle weg

Am Abend vor dem Frauentag wird vor meinen Augen eine Frau in der Ubahn von einem dazu gestiegenen Mann sexuell belästigt. Zuerst schleicht er sich an ihr vorbei, klatscht ihr auf den Hintern und setzt sich verschmitzt in die Vierer-Ecke neben uns. Angemerkt, der gesamte Waggon von mehrheitlich Männern, aber auch vereinzelt von Frauen besetzt. Die Betroffene reagiert "nur" mit dem Mittelfinger, was mir persönlich bis heute  unerklärlich bleibt, aber umso mehr  sahen sich meine Freundin und ich dazu gezwungen, uns zumindest  laut verbal dazu zu äußern, da ihn so davon kommen zu lassen auch nicht in Frage käme. Irgendwo in der Hoffnung schwebend, ein Fahrgast würde sich, wie man so sagt "einbauen", verlassen wir den Platz und gehen dann ein wenig nach vorne, da es auch für uns irgendwann unangenehm wurde. Davor drohe ich kurz mit der Polizei und er folgt uns, sichtlich provoziert, bleibt -nicht übertrieben- vielleicht einen halben Meter vor uns stehen, eine Hand erhoben - auch dann hatte sich niemand gerührt. Gott sei Dank steigen wir unversehrt  aus. 


S'gheat mehr gmocht, Österreich.

Irgendwie, irgendwo, irgendwann erinnert mich das doch an sämtliche Männer und Frauen, die in der  Debatte à la unterdrückte Frau im Islam, die Feministenschiene nur so gecruiset sind.  Wie sehr wir doch von Männern dominiert werden, wie sehr unsere Freiheit eingeschränkt ist, wie sehr sie sich um unser Wohl scheren, haben wir uns anhören müssen. Als aber eine Frau sexuell belästigt wird, fühlt sich niemand dazu verpflichtet aufzustehen? Als zwei Andere eventuell verprügelt worden wären, war es dann plötzlich wieder egal? Wart ihr vor drei Wochen nicht noch "FeministInnen"? Hier ist eine Pauschalisierung überhaupt nicht die Absicht, allerdings erwartet man sich situationsbedingt mehr. Zudem ist das kein Einzelfall. Wie oft musste man sich Zivilcourage regelrecht erbetteln? Wie oft haben wir uns von unseren weiblichen Mitmenschen anhören müssen, wie unsicher sie sich teils fühlen. S'gheat mehr gmocht, Österreich. Viel mehr als nur Rosen zu verteilen, darüber zu posten oder Binnen-Is einzuführen.

 

 

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