Wo Männer schön sein dürfen

13. April 2018

Wer denkt, dass Männer zum türkischen Friseur gehen, sich schnell die Haare schneiden lassen und wieder rausgehen, irrt sich gewaltig. Das Dejawu im 16. Bezirk ist einer der Orte, an denen sich Männer ihr kleines Spa-Treatment gönnen. Super männlich, versteht sich.

Von Jelena Pantić-Panić, Fotos: Marko Mestrović

Foto: Marko Mestrovic
Foto: Marko Mestrovic

 

Bart macht hart

Bei den Haaren wird geschnitten, was gerade in ist. Aber Bärte sind eine Kunst für sich. Mit eigenem Fachjargon, versteht sich. Der Bart wird entweder in derselben Länge oder mit Verlauf gestutzt. Besitzer Şenol verteilt den Rasierschaum auf dem Gesicht und entfernt mit einer Klinge Schaum und unerwünschte Haare. Um das Ergebnis abzurunden, kommt noch ein spezielles Öl in den Bart.

foto: Marko Mestrovic
foto: Marko Mestrovic

Wer schön sein will, muss leiden

Davon bleiben auch Şenols Kunden nicht verschont. In einem Behälter wird schwarzes Wachs aufgewärmt und schließlich an Stäbchen befestigt. Diese Stäbchen kom- men in die Nase und werden mit einem heftigen Ruck aus der Nase gezogen, mit ihnen die lästigen Nasenhaare. Kein angenehmes Unterfangen – was tut man nicht alles für die Schönheit.

Foto: Marko Mestrovic
Foto: Marko Mestrovic

Was nicht passt, wird passend gemacht


Şenol packt ein neues Instrument aus: Die „Feder“ zupft Haare vom Gesicht, die die Klinge nicht erwischt hat. „Tut weniger weh als Faden“, versichert Şenol. Danach kommt eine Lotion drauf, um die Haut zu beruhigen. Eine kurze Gesichtsmassage rundet das Spa-Feeling ab. Um die Augenbrauen perfekt zu fassonieren, kommt man aber am Faden nicht vorbei. Ein Baumwollfaden wird so gespannt, dass die Härchen in der Mitte zusammenkommen und beim Zwirbeln ausgezupft werden. Mit einem Feuerzeug wird mit den letzten lästigen Härchen in und um die Ohren kurzer Prozess gemacht – sie werden beinhart abgefackelt.

Foto: Marko Mestrovic
Foto: Marko Mestrovic

Weich wie ein Babypopo

Zur Belohnung kommt eine „Black Mask“ und/oder eine Gesichtsmaske mit Tonerde gegen Unreinheiten aufs Gesicht. Wer es eilig hat, bekommt die Maske geföhnt, damit diese schneller trocknet. Die Gemütlichen vertreiben sich die Zeit damit, sich türkische Musikvideos auf den Monitoren an den Wänden anzusehen. Danach pflegt eine Feuchtigkeitscreme das Gesicht.

Schöne Männer

Warum hat Schönheit überhaupt so einen großen Stellenwert in der Community? Na ja, man könnte es dadurch erklären, dass

allgemein Aussehen im letzten Jahrzehnt massiv an Bedeutung gewonnen hat und Eitelkeit keineswegs verpönt ist. Oder auch damit, dass Männer mit den vielen wunderschönen Frauen mithalten wollen. Der Hauptgrund ist aber, dass der Friseur ein sozialer Treffpunkt ist. Hier werden Ratschläge eingeholt, es wird über Politik diskutiert, und Freundschaften werden gepflegt und geschlossen. Dafür erträgt man gern auch ein bisschen Schmerz.

Diese Strecke entstand im Rahmen einer Kulturkooperation mit dem Wien Museum.

 

Früher Sissi, heute Kylie Jenner:

Das Wien Museum zeigt in seiner Ausstellung "Mit Haut und Haar. Frisieren, Rasieren, Verschönern." von 19. April 2018 bis 6. Januar 2019 wie wichtig Körperpflege immer schon war und wie sie kulturell geformt wird und historisch wandelbar ist. Die Vorbilder ändern sich konstant und auch die Situation in Wien machte viele Modetrends mit.

bis 6. Januar 2019 wie wichtig Körperpflege immer schon war und wie sie kulturell geformt wird und historisch wandelbar ist. Die Vorbilder ändern sich konstant und auch die Situation in Wien machte viele Modetrends mit. 

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