Zwischen Tüll, Tränen und Trompeten

02. Juni 2023

Wenn zwei heiraten, freuen sich die dritten: Die Eltern. Der Rest ist Drama.

 

Kolumne von Ivana Cucujkić-Panić

 

 

Mit dem Beginn des Sommerschlussverkaufs wird auch die fünfte und wichtigste Jahreszeit eingeläutet: Die Hochzeitssaison. Schimmernde Viskose zum Sonderpreis, wie herrlich. So ein Event kostet eh schon ein halbes Leben und zwei Konsumkredite, aber was solls.  

 

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In den wenigsten Fällen können sich Brautpaare ihren vermeintlich schönsten Tag selber finanzieren und enden als Bittsteller bei Braut- und Schwiegereltern. My big fat Balkan Wedding sponsored by mama & tata ist ein Deal mit vielen Klauseln. Bei einer Hochzeit geht es nicht vorrangig um zwei Menschen, die ihre Liebe feiern, ein bisschen Erdbeerkuchen und peinliche Spiele. Es geht um Prestige, persönliche Interessen, Sonderwünsche und ganz viel Ego.

Sowohl die knappen Konfektionsgrößen in der Brautmodenabteilung, als auch die Nerven aller Beteiligten im Organisations-Komitee werden strapaziert. Elasthan, noch Geduld sind ewig dehnbar. 

 

Gästeliste royal: 

Nicht ohne deine Großcousine!

Während Braut und Bräutigam vielleicht schon von den Flitterwochen träumen, kreative Gastgeschenke basteln und die Songliste für die Band zusammenstellen, knallen ihre Financiers den ultimativen Knebelvertrag auf den Tisch. Die Gästeliste. 

Exklusiver als jede VIP-Liste der Royals, wird beim Gipfeltreffen den Wedding-Lobbyisten um jeden Platz im Eventsaal verhandelt. Und das mit unlauteren Methoden. Bestechung, emotionale Erpressung, Tränendrüse, „Aber wir waren auch auf der Taufe von Cousine Milenas Kinder eingeladen-Killer-Argumente.

Die Planung einer Hochzeit ist eine Zerreißprobe für alle Beteiligten: Für das Brautpaar, die Schwiegerfamilien und für die viel zu knappen Elasthanfummel. Gratulation an alle, die diesen ersten großen Stresstest ihrer Ehe überstehen. Viel mehr emotionaler Tsunami kommt da nicht mehr.  Trotzdem ist es sehr wahrscheinlich, dass so manch zwischenmenschliche Beziehung in Scherben liegt.

 

Die Schwiegermutter ist schuld

Auf eines kann man sich auf Hochzeiten verlassen: Die ein oder andere mittlere Katastrophe tritt bestimmt ein. Der eine Onkel, der wiedermal zu tief ins Weinglas schaut und den Geldschein zu tief ins Dekolleté der Sängerin schiebt. Diese eine „gute“ Freundin, die es wagt, allen modischen Etiquetten zum Trotz, in weißer, bodenlanger Spitze aufzutauchen. Die eine beleidigte Großtante aus Schweden, die sich am liebsten auf dem Brauttisch platziert hätte. Eines ist auch ganz sicher: Für mindestens eine Eskalation ist bestimmt die Schwiegermutter schuld. 

Wenn als Worst-Case-Szenario am Ende tatsächlich bloß die Torte abfackelt und Opa das Trompetensolo an seinem Ohr viel zu lange für sich beansprucht, ja, dann kann man sich auf die Schulter klopfen und sagen: My big fat Balkan Wedding war ein voller Erfolg, und eine Story für die Enkel hat man auch noch zum Erzählen. Viele Familienmitglieder haben sich danach nicht mehr viel zu sagen. Nüchtern betrachtet: Keine schlechte Bilanz fürs Brautpaar. Auf die Liebe! Živeli & Prost! ●

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