Wallah, Hört auf zu reden wie wir

„Wallah, ich hab die Schularbeit voll verkackt“, höre ich ein Mädchen sagen, während ich nach der Schule an der Bushaltestelle auf den Bus warte. Ich dreh mich um und sehe, es ist ein Mädchen, nicht älter als 12 mit blonden Haaren und blauen Augen. Sie schwört auf Gott, dass sie die Schularbeit nicht geschafft hat und verwendet dafür das arabische Wort. Mir ist generell aufgefallen, dass viele Jugendliche den Migrantenslang verwenden, auch wenn sie keine Migranten und Migrantinnen sind. Als Kind mit Migrationshintergrund denkt man zuerst sehr positiv darüber. „Oh schau es ist endlich normal „unsere“ Wörter zu verwenden.“

Warum der plötzliche Boom?

Klar ist, dass der Boom von Deutschrap im gesamten Deutschsprachigen Raum der Auslöser für die Verbreitung des Migrantenslangs war. Das scheint jetzt alles ganz normal und unproblematisch.

Für die meisten gelten diese Wörter und andere als „Jugendslang“ doch für Menschen mit Migrationshintergrund, Migranten und Migrantinnen ist es ein Teil unserer Kultur und Religion.

Fakt ist, dass Menschen mit Migrationshintergrund, Migranten und Migrantinnen permanent schief angeschaut werden, wenn sie in ihren Muttersprachen reden. Für mich ist es sehr schwer diesen Slang zu verwenden. Ich musste mir das angewöhnen meine eigenen Wörter zu verwenden als wäre es das normalste auf der Welt. Doch, dass ist es für uns nicht. Ich habe selbst miterlebt wie über Kindern im Kindergarten geredet wird, die ihre Muttersprache neben Deutsch sprechen. Ich habe als Kind nie arabische Begriffe beim Reden verwendet, weil das Umfeld, in dem man aufgewachsen ist,  das verteufelt hat. Wenn ein Migrant/eine Migrantin oder Mensch mit Migrationshintergrund so redet ist er asozial, wir sind gleich nicht integriert, die „Scheiß-Kanacken“ und „Tschuschen“, die kein Deutsch sprechen. Es ist so, dass diese Begriffe lustig sind. Sagt man „Auf meinen Nacken“, „Ehrenmann“ oder sonstige Bezeichnungen wird man mit Migrationshintergrund angelacht und ausgelacht, weil es so lustig ist. Aber seit einigen Jahren, ist nur noch der Mohammed, Azad oder die Zeinab komisch, wenn sie so reden. Nur sie sind asozial und einfach „Kanacken“ der Thomas und der Tim die so reden verwenden den Jugendslang und sind „Hip“ und cool. Aber Fakt ist dieser Migrantenslang ist was er ist der Slang der Migranten und Migrantinnen. Diese Art zu reden die den Mathias „hip“ oder lustig macht, ist warum der Mohammed asozial genannt wird. Die meisten Kinder mit Migrationshintergrund sind in einer Umgebung aufgewachsen, wo es nötig war einen Schalter einzubauen. Wenn ich aus dem Haus gehe bin ich die „gut-integrierte Österreicherin“ und daheim darf ich dann meine arabisch-nordafrikanische Identität ausleben. So wurde uns Integration beigebracht, ich sehe darin nur das Ziel der Assimilation und nichts anderes. Somit kann ich bis zum heutigen Tag nur schwierig den Slang verwenden und am liebsten auch nur mit anderen Kindern mit Migrationshintergrund, weil die dies verstehen, es ist kein Trend sondern die Art wie geredet wird.

Also ja, ich finde es problematisch, dass der Jugendslang heutzutage der Migrantenslang ist, der aber nur für autochthone-/bio-Österreicher der Jugendslang ist und für uns mit Migrationshintergrund ist es die „Kanackenart“. Wir müssen uns teilweise angewöhnen unsere eigenen Begriffe zu verwenden und erfahren Diskriminierung dafür während es andere als Witz und cool sehen. Ich betone nochmal, es ist aber auch nur cool, wenn es der Hans macht. Es gibt auch wenige Menschen, die meinen autochthon-Österreichische Jugendliche verlernen ihr Deutsch wegen den ganzen „Kanacken“.

 

Fazit ist, dass zwar der Migrantenslang als Jugendslang normalisiert wurde für autochthone-Österreicher für Migranten und Migrantinnen jedoch nicht. Unsere Art zu reden wurde genommen und für andere normalisiert, aber wir sind noch immer nicht akzeptiert. Es ist asozial für Migranten und Migrantinnen ihre Sprache und Kultur in ihre österreichische Identität zu bringen. Während sich die autochthone Gesellschaft unseren Slang als Aushängeschild für Diversität nimmt und sich damit rühmt. Das verrät uns schon genug darüber, wie weit wir in Österreich sind. Vor allem nach Black Lives Matter sollte cultural-appropriation jedem ein Begriff sein. Hier in Österreich müsste man sich dringend auch mit linguistic-appropriation befassen.   

Identität Migrant
Foto: Zeinab Benmorsli

Zeinab ist 17 Jahre alt und besucht das G11 Geringergasse im 11. Bezirk in Wien.

 

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