Die Frau des Präsidenten

29. März 2010

Margit Fischer über ihre Ehe, ihre Kindheit in Schweden, Ausländerfeindlichkeit und warum ihr Vater nur knapp den Nazis entging.

Von Ivana Martinović

 

Wer ist sie:

Name:
Margit Fischer
geb. am:
28. Juni 1943 in Stockholm (Schweden)
Ihr Job:
Österreichische First Lady und Ehefrau von Heinz Fischer
Migrationshintergrund:
Geboren wurde Margit als Tochter von Otto und Anni Binder, die vor dem Nazi-Regime nach Schweden flüchten
mussten. Dort auch zur Welt gekommen, verbrachte sie ihre Kindheit bis zum 6. Lebensjahr in Stockholm. 1949 kehrten die Eltern mit der kleinen Margit nach
Österreich zurück. Für die Eltern war es die Rückkehr in die alte Heimat, für Margit eine neue Welt. Nach ihrer Schulausbildung war sie lange Zeit in der Textilbranche tätig. 1968 heiratete sie Heinz Fischer. Durch Heinzs’ Bundespräsidentenamt ist Frau Fischer unsere First Lady, die sich im Land
karitativ engagiert. Vor allem Frauenrechte
liegen ihr besonders am Herzen.

 

biber: Frau Fischer, viele unserer Leserinnen wissen gar nicht so viel über Sie. Carla Bruni ist da schon bekannter. Wie ist Ihr Rollenverständnis als „First Lady“?

Margit Fischer: Mit Carla Bruni möchte ich mich nicht vergleichen, weil unser Leben ganz unterschiedlich verlaufen ist. Ich
habe mich auch immer dagegen gewehrt, aus dem Begriff „ First Lady“ einen bestimmten Verhaltenskodex oder einen Rollenzwang abzuleiten. Manches in meinem Leben hat sich natürlich verändert, seit mein Mann zum Bundespräsidenten gewählt wurde, aber sehr wesentliche Dinge haben sich nicht geändert. Ich habe sehr bewusst an unserem Lebensstil, an unserem Freundeskreis, und an unseren Hobbys festgehalten. Mein Mann und ich sind jetzt seit fast 42 Jahren verheiratet. Wir sind beide sehr politische Menschen und daher habe ich immer an seinem beruflichen Werdegang regen Anteil genommen und tue es heute ganz besonders. In einigen Projekten, für die ich mich schon seit vielen Jahren engagiere, bin ich nach wie vor sehr aktiv. Bildung für alle, besonders aber für die Jugend, und Kampf gegen Armut halte ich für Fundamente einer friedlichen und demokratischen Gesellschaft.


Ist es nicht sehr anstrengend mit einem Bundespräsidenten verheiratet zu sein?

Denken Sie daran, dass auch der Bundespräsident ein normaler Mensch ist, vor allem privat. Da ich sein Leben teile, beginnt der Tag um halb Sieben in der Früh und endet oft erst nach 22 Uhr. Das ist anstrengend. Wir versuchen aber gerade deshalb, so oft wie möglich ein Wochenende frei zu halten, um uns in der Natur zu erholen und neue Kräfte zu sammeln.

Wie haben Sie eigentlich Ihren Mann kennen und lieben gelernt?

Wir beide sind nicht nur politische Menschen, wir kommen auch beide aus politisch interessierten und aktiven Elternhäusern.
Wir haben uns beim Verband Sozialistischer Mittelschüler kennen gelernt. Viele Begegnungen und Gespräche haben dazu geführt zu erkennen, dass unsere Werte und unsere Lebensauffassung übereinstimmen. Das war für uns sehr wichtig und ist Grundlage für ein großes Maß an Harmonie.

Stehen Sie selbst ab und zu am Herd? Was kochen Sie dann für Ihren Mann am liebsten?

Bis zum Jahr 2004 habe ich für die Familie und unsere Gäste immer selber gekocht. Jetzt essen wir häufig auswärts. Aber zu
Hause koche nach wie vor ich und das Frühstück machen wir gemeinsam. Das ist allerdings ziemlich spartanisch. Auch sonst
bevorzugen wir leichte und gesunde Kost.

 

 

Weiß Herr Fischer, wie man die Waschmaschine bedient?

Ja, zumindest unsere, die eine einfache Bedienung hat.

80 Prozent unserer Redakteure haben Migrations-Background. Warum sind viele Österreicher so ausländerfeindlich, obwohl
Österreich ein Einwanderungsland ist?


Es gibt leider die Ausländerangst oder Ausländerfeindlichkeit, aber man darf nicht generalisieren, denn es gibt auch sehr
viele Österreicherinnen und Österreicher, denen man diesen Vorwurf wirklich nicht machen kann.

Ihre Eltern wurden vom Nazi-Regime verfolgt. Sie überlebten nur, weil Sie nach Schweden flüchten konnten. Können Sie uns etwas über die Hintergründe der Flucht Ihrer Eltern erzählen?

Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass mein Vater einen jüdischen Hintergrund hatte und beide Eltern in der sozialdemokratischen Bewegung aktiv waren. Mein Vater wurde nach dem Einmarsch Hitlers mit einem der ersten Transporte
in das Konzentrationslager Dachau verschleppt und ein halbes Jahr später in das KZ Buchenwald überstellt. Dank eines
in der Zwischenzeit eingelangten Visums für die USA wurde er nach einem Jahr KZ mit der Auflage entlassen, das Deutsche
Reich sofort zu verlassen. Schweden nahm ihn auf; meiner Mutter gelang es ein paar Monate später nachzukommen. Beide
hätten die Nazizeit in Österreich nicht überlebt. Die Mutter meines Vaters, seine Schwester und weitere Verwandte sind tatsächlich in der Shoah ermordet worden.

Sie selbst sind in Schweden geboren und erst mit 6 Jahren nach Österreich gekommen. Sie sind sozusagen auch eine Migrantin. Wie fühlten Sie sich als schwedisches „Ausländerkind“, das in die alte Heimat der Eltern zog?

Als 6-jähriges Kind hinterfragt man nicht so viel. Ich kam nach Wien und woran ich mich erinnern kann ist, dass ich meine
Eltern nicht verstand, warum sie aus einer schönen und heilen Stadt wie Stockholm in eine Stadt mit Ruinen – zuerst auch
ohne eigene Wohnung – übersiedelten. Die Schule begann ich mitten im Schuljahr, die anderen Kinder konnten
schon lesen und schreiben, ich benötigte Nachhilfe. Die Sprache war aber kein Hindernis, da wir zu Hause Deutsch
sprachen. Ich war deshalb in Stockholm in die Vorschule geschickt worden, um für
den Schulbesuch in Stockholm sprachlich gerüstet zu sein.
Ich war auch nicht das einzige Migrantenkind. In der Parallelklasse gab es ein Mädchen, das aus der Emigration in England mit den Eltern zurück gekommen war. Wir waren während unserer gemeinsamen Schulzeit die besten Freundinnen und haben auch heute noch sporadisch Kontakt. Mit der Zeit habe ich mich aber in Wien voll und ganz eingelebt, wobei ich aber an Schweden nach wie vor gute Erinnerungen habe und glücklich bin, fließend schwedisch zu sprechen.

 

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Kommentare

 

Viel Lob von mir Ivana , war sehr interessant für mich , sie hat mich schon immer interessiert weil ich mal gelesen hatte dass sie in einer Strassenbahn gesichtet wurde, welche all mighty first lady macht sowas ? .. das geht nur in Österreich

 

++

kann nur zustimmen, hab ich auch mit interesse gelesen!

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