Gemma Parlament!

07. Juni 2023

„Ist das da, wo man Candycrush spielt?“, fragt Damian, als wir den Saal des Nationalrats betreten. Wie wird man eigentlich Politiker?“, fragt der 14-jährige Mansur. „Geht das auch ohne Staatsbürgerschaft?“, wirft sein Freund Adam ein. Die Jungs sitzen heute im Parlament – hier, wo normalerweise Politiker:innen Vorschläge einbringen und über neue Gesetze diskutieren. Kurz: Hier wird Demokratie gemacht. Heute aber haben die Jungs in Jogginghosen, Alpha-Industries-Shirts, Bauchtaschen und Kappen kurz mal übernommen: Heute sind sie mal Politiker. „Was würdet ihr denn einfordern, wenn ihr in der Politik wärt?“ fällt eine Frage in den Raum.Die fünf Jungs versuchen gemeinsam mit Sozialarbeiter:innen, Aktivist:innen und Fotograf:innen unter anderem für @dieWuetenden die Lebenswelt und Themen junger marginalisierter Jugendlicher in Wien sichtbar zu machen. Statt über Abschiebungen von kriminellen Ausländern wurde darum heute über Polizeigewalt, Rassismus und Staatsbürgerschaften diskutiert:

Damian, der vorlauteste, nutzt die Gelegenheit und hält prompt eine spontane Rede dazu, dass Länder, Grenzen und Hautfarben keinen Unterschied machen sollten, und dass gegenseitiger Respekt das wichtigste ist. Die Rede hat was von einem Impro-Rap, inklusive dazugehöriger Körpersprache und erntet regen Beifall. Auch in den Reihen der Abgeordneten Platz genommen hat die Grünen-Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic, die alle Fragen der Jugendlichen beantwortet. Und von den Fragen gibt es so einige. „Wie kann ich dagegen argumentieren, wenn ein Bekannter rechte Parteien wählt?“ , „Kann ich selber eine Partei gründen?“ , „Was, wenn man schon Probleme mit der Polizei hatte, kann man danach immer noch in die Politik?“, „Brauch ich die österreichische Staatsbürgerschaft um in die Politik zu gehen?“ , Und was, wenn jemand von der FPÖ irgendwas dummes sagt, können sie ihn dann beleidigen?“, will Adam von der Grünen-Politikern wissen. Die Fragen: Ungefiltert, unverblümt und ehrlich.

Foto: Christopher Glanzl
Foto: Christopher Glanzl

Ernst-Dziedzic, selbst gebürtige Polin, heute Abgeordnete zum Nationalrat, und Sprecherin für Außenpolitik, Migration, Menschenrechte und LGBTIQ+, erzählt über ihren eigenen Werdegang, über die Hürden, als Person mit Migrationsbiografie in der österreichischen Politik Fuß zu fassen. Es war schwer, aber unmöglich war es nicht. Das Thema rechter Parteien und der Staatsbürgerschaftsthematik zieht sich durch die ganze Veranstaltung. „Das Parlament gehört genau so euch, ihr seid hier willkommen.“, gibt sie den Jugendlichen auf den Weg mit.

Damit das tatsächlich Realität werden kann, muss sich einiges in der Gesetzgebung zum Thema Staatsbürger:innenschaft ändern: Österreich ist nämlich eines der wenigen Länder auf der Welt, in denen die Bevölkerung wächst, aber die Anzahl derer, die wählen dürfen, sinkt. 

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