Der Rekrut, der mit dem Stäbchen rührt - Interview

19. Januar 2021

Sie sind die stillen Helden der Massentests. Blutjunge Bundesheer-Rekruten, die einen Teil ihres Präsenzdienstes als Helfer bei den Corona-Massentests absolvieren. Wir haben ein Gespräch mit einem Rekruten geführt. Sie dürfen ohne die Einwilligung ihrer Vorgesetzten nicht reden, deswegen erfolgt das Interview anonym.

War letzte Woche viel los bei den Massentests?

Es ist absolut nichts los. Tote Hose.

Was waren deine Aufgaben als Rekrut?

Meine Aufgabe war es die Probe, die vorher in den Nasen der Leute gesteckt hat, von der Sanitäterin entgegenzunehmen, den Stab in eine Flüssigkeit einzurühren und diese wiederum auf den Test zu tropfen. Das habe ich die ganze Zeit gemacht.

Vielen Besucher*innen in den Testhallen fällt vor allem eines auf – die gute Laune der Bundesheer-Soldaten. Warum seid ihr so gut drauf?

Du musst dir vorstellen, was wir normalerweise machen. In der Garde müssen wir täglich gefühlt 10 Stunden stehen. Wenn ich das mit dem sitzenden Umrühren bei den Massentests vergleiche, ist das ein Zuckerschlecken. Hier wurden wir auch nicht ständig angeschrien, was mal ein netter Ausgleich zum Rekruten-Alltag war. 

Ich hör oft von meinen Mädels, dass das Bundesheer mindestens genauso viel flirtet, wie es auch gute Laune verbreitet. Ist dir das auch aufgefallen?

(lacht) Ja, das stimmt auf jeden Fall. Der Grund ist: Es gibt keine Freizeitaktivitäten und wir sehen auch keine Frauen mehr. Natürlich wegen den ewigen Lockdowns, aber auch innerhalb meines „normalen“ Bundesheer-Alltags. Wir müssen quasi jede Gelegenheit ausnutzen. Aber nicht nur wir, auch unsere Vorgesetzten waren sehr angetan.

Hat dich schon jemand angeflirtet?

Leider nicht.

Hast du einen Geld-Zuschuss bekommen und wenn ja, findest du den gerecht?

Normalerweise bekomme ich 330 Euro. In dem Monat als ich bei den Massentest mitangepackt habe, habe ich 100 Euro als Zuschuss bekommen. 430 Euro kommt der gerechten Entschädigung aber definitiv nicht nahe. Von 6 bis 22 Uhr müssen wir hackeln und kriegen unter 500 Euro Gehalt im Monat. Gerecht ist was anderes.

Wie oft musstest du dich während der Arbeit in den Massentesthallen selbst testen lassen?

Gar kein einziges Mal! Einmalig hat es die Möglichkeit gegeben, dass wir uns testen lassen. Aber das ist irgendwie untergegangen. Eine Scheintestung. Ich finde es zwar nicht vernünftig, aber von unserer Ausrüstung wurde ausgegangen, dass kein Kontakt mit dem Virus möglich ist. Ich hatte eine Maske an, einen Gesichtsschutz, 2 Handschuhe übereinander – also hat eh so gepasst.

Hast du mal ein bekanntes Gesicht während deiner Zeit in den Massentesthallen gesehen?

Politiker oder prominente Menschen habe ich keine gesehen. Ich schließe nicht aus das welche da waren aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie von allen Teststationen in meine geschickt werden ist ja sowieso gering. Aber meine ehemalige Englisch-Professorin habe ich zufällig gesehen!

Was war dein Highlight bei der Arbeit?

Mein Highlight war auf jeden Fall die ein oder andere Bekanntschaft mit den Sanitäterinnen und die gute Behandlung – purer Luxus!

Wirst du dich impfen lassen?

Ja! Ich bin der Meinung, dass das der einzige Weg zur Verbesserung unserer Lage ist. Mir ist es ehrlich gesagt ziemlich egal was die da reinpfeffern. Ich bin davon überzeugt, dass das keine negativen Auswirkungen auf mich haben wird. Und gratis ist die Impfung sowieso.

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