„Svadbas“ sind zum Kotzen

10. März 2016

Fast 400 Menschen in einem Saal. Musik, die so laut ist, dass einem das Trommelfell fast platzt. Dazu kommen auch noch Blicke, die dich von Kopf bis Fuß analysieren. Immer mit dabei sind auch Tanten, die sich anscheinend einbilden, dass sie bei einer Heiratsvermittlung arbeiten würden.

 

More is more

Für alle, die nicht wissen, was sie mit dem Begriff „Svadbas“ anfangen sollen: So nennt man in Mazedonien Hochzeitsfeiern. In meinem Heimatland gibt es, vor allem in den Sommerferien,  jede Woche mindestens eine. Irgendwer heiratet immer und wenn man nicht bereits irgendwie miteinander verwandt ist und somit praktisch gezwungen ist zu kommen, wird man häufig auch nur eingeladen, weil man sich flüchtig kennt. Eine Einladung abzulehnen ist mit Hochverrat gleichzusetzen. Obendrein  haben die meisten Leute aus meiner Heimat, ohnehin schon eine große Familie und das führt zum Schluss dazu, dass manchmal bis zu 400 Personen anwesend sind. Man könnte diese unnötig hohe Zahl an Gästen natürlich verringern, aber dann könnte man nicht so prahlen. Die Devise lautet nämlich: Je mehr Leute hier sind, desto mehr Personen werden später über die Hochzeitfeier reden.

 

„Oh mein Gott, was hat sie an ?“

Ob große oder kleine Familie, es wird immer Personen geben, die sich nicht gut verstehen. „Svadbas“ zwingen diese Menschen einige Stunden miteinander, im selben Raum, zu verbringen, ob sie wollen oder nicht. Dadurch kommt es zu stundenlangen Lästereien. Es wird darüber geredet, wer zugenommen hat, wer ein unangemessenes Kleid trägt, welcher Typ etwas mit welcher Cousine hatte oder wer sich von wem getrennt hat. Jeder, der am Abend nach Hause geht, kann sich sicher sein, dass zumindest eine Person etwas Unfreundliches über einen selbst gesagt hat. Verwandtschaft und Loyalität bedeutet hier nicht viel. Alle beobachten sich gegenseitig mit Argusaugen und analysieren dabei jeden Schritt haargenau. Komplimente gibt es auch, nur kann man sich nicht sicher sein, wie ernst sie gemeint sind. 

 

Verkupplungsparty oder Hochzeitsfeier ?

Ich könnte schwören, dass es in meiner Heimatstadt noch keine Hochzeit gab, bei der nicht zumindest der Versuch unternommen wurde, zwei junge Menschen zu verkuppeln. Besonders Tanten, die in Mazedonien leben, neigen dazu alles und jeden miteinander verkuppeln zu wollen. Spätestens ab dem 18. Lebensjahr beginnen sie mit nervigen Fragen wie „Hast du schon einen Freund?“.  Wenn man die Frage verneint folgt darauf „Soll ich dir einen finden?“. Wenn man sie dann genervt ansieht, meinen sie, dass jeder irgendwann heiraten muss und sie nur dabei behilflich sein wollten. In den schlimmsten und zum Glück auch in den seltensten Fällen, gehen sie sogar zu den Eltern und versuchen dort ihr Glück beim Einmischen, hierbei schlagen sie ihnen Personen aus „guten Familien“ vor. Die meisten Leute, die im Ausland leben und ihre Kinder aus Prinzip nicht verkuppeln würden, lächeln freundlich und sagen dann Dinge wie „Ach, das hat noch Zeit, komm in ein paar Jahren wieder“, um weitere Kuppel-Versuche vorerst zu verhindern.

 

Ohren- und Magenschmerzen zum Mitnehmen

Eine Hochzeitsfeier ohne Musik wäre keine richtige Hochzeitsfeier, das ist klar. Was ich allerdings nicht verstehen kann ist, dass die Musik so dermaßen laut gedreht wird, dass man seine eigenen Gedanken fast nicht mehr hören kann. Die Lautstärke ist definitiv nie im normalen Rahmen. Da der Großteil unserer Leute bei Feiern nur „traditionelle Musik“ spielen lässt und ich diese einfach schrecklich finde, verschlimmern sich meine Ohrenschmerzen nur. Am meisten tun mir aber die kleinen Kinder leid, die sich oft schreiend ihre Ohren zuhalten müssen. Sie werden natürlich nicht einfach zu Hause gelassen, weil die ganze Familie anwesend sein „muss“. Neben Ohrenschmerzen kann man anschließend auch mit Magenbeschwerden rechnen. Bei ca. 400 Gästen sind die Speisen, die serviert werden, fast nie frisch, das könnt ihr mir glauben. Deswegen bin ich als Kind auch nach Hochzeiten, oft eine Woche krank im Bett liegen müssen. Heute rühre ich das Essen dort meistens nicht mehr an.

 

Worum geht es nochmal?

Erzwungene Anwesenheit, Prahlen und Lästern, an diese Dinge muss ich leider bei Hochzeitsfeiern in Mazedonien denken. Der tatsächliche Sinn der Feier geht vollkommen verloren. Es geht eigentlich um zwei Personen, die sich lieben und den Bund der Ehe eingehen wollen. Dieser Gedanke ist bedauerlicherweise in den Hintergrund gerückt, zumindest bei den Feiern, die ich kenne. 

 

 

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