Üntegration - Türken unter Beschuss

08. November 2010

Welche Gruppe bringt Österreichs erfolgreichste Migranten hervor? Die Türken. Und welche Gruppe ist am meisten unter Beschuss? Die Türken. Warum ist das so?

Würde man ein Ranking der erfolgreichsten Migranten Österreichs erstellen, dann wären folgende Personen im Spitzenfeld zu finden: Western-Union-Chef Hikmet Ersek, Do-&-Co-Chef Attila Doğudan, Nationalrätin Alev Korun, Modedesigner Atıl Kutoğlu, Tourismus-Zampano Cem Kınay, TUI-Geschäftsfüher Sena Uzgören, Bentour-Chef Gürsel Erel, die Kicker Ümit Korkmaz, Veli Kavlak, Yasin Pehlivan und viele mehr. Welche andere Migrantengruppe – einschließlich der Deutschen – kann mit solchen Erfolgsgeschichte mithalten?

Viele Türken schaffen es spielend in Österreich aufzusteigen. Oft sind es jene, die erst nach der Matura nach Österreich gekommen sind. Oft sind es Absolventen des österreichischen St.-Georgs-Kollege in Istanbul – einer Eliteschule. Daneben gibt es aber eine ganze Reihe von sehr erfolgreichen Unternehmern, Lehrern und Facharbeitern mit türkischem Background, die in Österreich aufgewachsen sind.

Migrantenbonus

Sofern der Bildungsgrad stimmt, gibt es sogar einen Migrationsbonus. Österreichische Konzerne wünschen sich geradezu heimische Uni-Absolventen mit türkischer Muttersprache – auch, um in der Türkei oder bei der türkischen Community zu punkten.

Und jetzt zum Problem: Es gibt leider unter den türkischstämmigen Migranten auch besonders viele, die in Bezug auf „Erfolgskriterien“ wie Bildung, Karriere und Einkommen besonders schlecht abschneiden.

Stephansdom als Feindbild

Warum ist das so? Weil es einen Unterschied macht, aus welcher Bildungsschicht Migranten stammen. Und weil die Bereitschaft da sein muss, sich im neuen Heimatland nicht nur ins Sozialsystem und die eigene Community, sondern auch kulturell, politisch und intellektuell in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren. Wenn selbst ein Besuch im Stephansdom für einige türkische Eltern eines muslimischen Kindergartens in Wien ein Problem darstellt (siehe Magazin-Story "Inside Moschee"), dann sagt das einfach alles.

Aus für die Sonderschulen

Andererseits hat auch die österreichische Politik versagt. Viel zu viele türkische Kinder wurden und werden in die Haupt- oder gar Sonderschule abgeschoben. Wer einer ganzen Gruppe von Jugendlichen die Zukunft nimmt, braucht sich später nicht darüber beschweren, dass viele wirklich zum Problem werden. Zudem wurden und werden viel zu viele türkische Kinder nur den Moscheen und Koranschulen (hier gibt es natürlich auch bessere und schlechtere) überlassen. Beides ist falsch: Wir sollten alles daran setzen, diesen Kindern die Möglichkeit zu geben, in Österreich erfolgreich zu sein.

Was jetzt zu tun ist

Wie das geht? Erstens wird es nötig sein, alle Kinder – Migranten wie Nicht-Migranten -mit sprachlichen Defiziten spätestens mit drei Jahren verpflichtend in Kindergärten zu schicken. Derzeit gilt dies für alle Fünf-Jährigen. Das ist gut – reicht aber noch nicht. Zudem muss bis zur Schulreife alles getan werden, um die Kinder schulfit zu machen.

Zweitens kann es durchaus sinnvoll sein, gewisse soziale Zuwendungen (Kinderbeihilfe) mit einem regelmäßigem Kindergarten-, Schulbesuch oder zumindest dem nachgewiesenen Versuch einer Lehrausbildung zu verknüpfen. Solche Regeln sollten für alle Kinder und Jugendliche gelten – egal welcher Herkunft.

Und drittens sollten sich alle bewusst sein, dass jede Anti-Türken-Hetze genau jene Tendenzen der Abschottung schürt, die es zu bekämpfen gilt. Derzeit erleben wir selbst unter Österreichern mit türkischem Background, die dem Islam traditionell kritisch gegenüberstehen, eine Art „Solidarisierungseffekt“ mit ihrer Herkunftsreligion. Die radikalen Imame werden es FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sicher danken.

Kommentar aus der biber-Printausgabe November 2010

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