Stolz macht einsam

22. Februar 2013

Im B72 in Wien trat gestern der US-Rapper Sean Price auf und ich hätte das Vergnügen gehabt ein exklusives Interview für dasBiber mit ihm zu machen. Wäre da nur nicht sein Stolz dazwischen gekommen.

 

Gestern Abend war es soweit, mein erster Interviewtermin hätte stattfinden sollen. Mein Interviewpartner: Sean Price, seines Zeichens Hardcore- und Untergrundrapper aus Brooklyn, New York. Sean Price ist ein Urgestein der New Yorker Rapszene. Der 41jährige ist seit zwei Jahrzehnten aktiv im Rapgeschäft und hat mitunter Künstler wie Notorious B.I.G. oder den Wu-Tang-Clan beeinflusst. Einen Namen hat sich das reimende Schwergewicht bereits in den 90er Jahren gemacht. Damals als „Ruck“ an der Seite von „Rock“ in der Rapgruppe „Heltah Skeltah“. Im letzten Jahrzehnt war er hauptsächlich solo unterwegs, durchaus erfolgreich. Pünktlich um halb neun stehe ich an der Bar, trinke mein erstes Bier und warte auf den bärtigen Afroamerikaner der vom Körperbau einem Grizzlybär ähnelt.

 

Zipfelmütze und Sonnenbrille

Von seiner Tourmanagerin erfahre ich, dass er sich verspätet. Sean Price alias The enigma ist bekannt dafür in seinen Texten sehr überheblich zu sein. Sie sind gekennzeichnet durch Arroganz und Gleichgültigkeit so ziemlich allem und jedem gegenüber. Um viertel nach neun kommt er im Lokal an. Eine dunkle Sonnenbrille versteckt seine Augen und eine Zipfelmütze schmückt seinen Kopf. In lässigem Baggy-Outfit und weitem Pullover bewegt er sich schnurstracks in Richtung Backstage-Bereich. Der biber-Fotograf Marko und ich warten bis uns seine Tourmanagerin aufruft und gehen an der Bar vorbei in den ziemlich engen V.I.P.-Bereich.

 

Small Talk mit dem DJ

Bis dahin bin ich cool wie ein Eisblock, doch als ich an der Tür klopfe; fängt meine Pumpe an schneller zu schlagen. Die erste Person die ich erblicke ist sein DJ namens PF Cuttin. Ein kleiner bärtiger, bebrillter Mann mit Baseball-Cap, den üblichen Schnellscheißerhosen und ziemlich roten Augen. Ich begrüße Sean der in einer Ecke des winzig kleinen Raumes sitzt mit einem einfachen: „Hi Sean!“ Mr. Price ist konzentriert über seinen Laptop gebeugt und pafft an einem Joint, dessen Geruch durch den Raum strömt. Fotograf Marko probiert indessen seine Kamera aus und macht ein paar Probeschnappschüsse. PF Cuttin erkundigt sich nach dem Magazin für das ich schreibe. Ich erkläre ihm in zwei kurzen Sätzen die Blattlinie unseres Stadtmagazins und was man sonst noch so darüber wissen sollte.

 

„Nice track man!“

 Noch bevor ich mir überlege wie ich am geschicktesten mit dem Interview anfangen soll kommt wie aus der Pistole geschossen:“ You got any drugs?“ Ziemlich verwundert über den verzweifelten Versuch von einem blutigen Anfänger-Journalisten bewusstseinsverändernde Substanzen zu bekommen tue ich die Frage mit einem höflichen nein und einem Lächeln ab. Doch meinem Gegenüber ist gar nicht so zum Lächeln zumute. Im nächsten Augenblick winkt mich Price zu sich um mir etwas auf seinem Laptop zu zeigen. Es geht um seine neue Single vom aktuellen Album „Mic Tyson“. Der Name der Single auf der auch der Rapper Pharaoe Monch zu hören ist, ist „BBQ-Sauce“, das Video dazu wurde genau an diesem Tag veröffentlicht – am 21.02.2013. Über die Schulter von Price gebeugt ziehe ich mir mit ihm sein neues Video rein und als es fast zu Ende ist sage ich: „Nice track man!“

 

Die Chemie stimmte nicht

Was dann geschieht kann ich selbst nicht glauben. Beleidigt und verärgert wie ein Volksschüler dem man gerade die Schulmilch aus der Hand gerissen hat fährt er mich an: „What? You don’t know that track? You’re not prepared, get out of here!“ Gutmütig und gelassen wie ich bin glaube ich zuerst nur, dass er ein wenig überreagiert und sich das schon legen wird. Doch als mich sein DJ zum dritten Mal auffordert den Raum zu verlassen verstehe ich, dass ich gerade einen wunden Punkt beim doch so harten Rapper gefunden habe. Meine Begeisterung für seine Person löst sich ebenso schnell in Luft auf wie der Rauch der von seinen selbstgedrehten Spaßzigaretten aufsteigt. Die Chance sich der Biber-Leserschaft im Interview vorzustellen hat er verpasst -  Stolz macht ja bekanntlich einsam.

Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie tut er mir beim Verlassen des Backstage-Raumes Leid. Ein talentierter und unterschätzter Künstler im Spätherbst seiner Karriere den sein  Stolz überwältigt hat. Vielleicht hat auch einfach die Chemie nicht gestimmt.

Kommentare

 

sean price is der shit!

 

diese hintergrundgeschichte finde ich sowieso viel spannender als ein interview mit ihm :)

 

veeery nice blog!!!

Sean P. hat einfach das falsche Zeug geraucht!

 

Ich teile Melisa's Meinung! nice blog!

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