Alles auf Sieg

25. Juli 2014

 

Es fängt ganz harmlos an: Ein bisschen Spielgeld, eine leicht zu bedienende Internetseite und jede Menge Möglichkeiten, auf Sportereignisse zu wetten. Wie schnell daraus eine zeitintensive Beschäftigung werden kann, zeigen die Erfahrungen unseres Redakteurs Alexander Kords.

 

biber ist schuld. Schuld daran, dass ich 20 Euro verloren habe. Und auch daran, dass ich für einige Tage süchtig war. Und das kam so: Auf der Rückseite des letzten Hefts klebt der Gutschein eines Sportwetten-Anbieters. Fünf Euro, so der Betrag, den ich auf den Ausgang von Spielen und Rennen setzen kann. Also schnell Wettkonto anlegen und loslegen.

Nur ein Mal zuvor, vor zehn Jahren, habe ich Geld auf Sport gesetzt. Damals musste ich den Wettschein schon Tage vor den Partien in der Trafik abgeben. Heute, zu Zeiten des allgegenwärtigen Internets, kann ich sogar während des Spiels meine Tipps platzieren. Und ich bin von den Möglichkeiten regelrecht überwältigt. Ich kann nicht nur auf Sieg, Niederlage oder Unentschieden setzen, sondern auch darauf, welches Team mehr Tore in der ersten Viertelstunde schießt. Oder darauf, welche Mannschaft als erste drei Eckbälle hat. Oder welche die meisten gelben Karten bekommt. Vor Spielbeginn kann ich sogar darauf wetten, welches Team den Anstoß durchführt. Aber in dem Fall kann ich genauso gut ins Casino gehen und beim Roulette alles auf Rot setzen. Nein, ich will das Geld durch Expertenwissen mehren.

 

Syrianska gegen Värnamo

Genauso vielfältig wie die Wettoptionen sind auch die Partien, aus denen ich wählen kann. Mir begegnen Teams und Ligen, von denen ich noch nie zuvor gehört habe. In der Liga Superettan (die zweite schwedische Liga, danke Google!) setze ich 2,50 Euro auf einen Sieg von Syrianska FC gegen IF Värnamo, mit der anderen Hälfte meines Gutschein-Guthabens unterstütze ich Inter Turku gegen MyPa Kouvola in der finnischen Veikkausliiga. Beide Wetten gewinne ich – und bin am Haken.

 

In den kommenden Tagen habe ich immer die Wettseite im Hintergrund offen, um die Spielverläufe verfolgen zu können. Selbst in der Mittagspause starre ich auf den Bildschirm und fixiere zwei durch einen Doppelpunkt getrennte Zahlen. Dann werde ich übermütig und setze mein gesamtes Guthaben auf ein einziges Spiel. Ich liege falsch und verliere meine Kohle. Doch ich habe längst nicht genug, ich will weitermachen. Ich zahle 20 Euro ein, wäre doch gelacht, wenn ich die nicht verdoppeln kann.

 

Fühlt sich so leicht an

Mittlerweile stehe ich sogar nachts auf, um zu schauen, wie ein Damen-Basketballspiel in den USA ausgegangen ist, auf das ich gesetzt habe. Und auch sonst erkenne ich eindeutige Zeichen einer Sucht an mir: Ich bin nervös, wenn ich nicht auf dem Laufenden bin, bin wütend, wenn „meine“ Mannschaft verliert, und euphorisch, wenn ich ein Ereignis richtig vorausgesagt habe. Es fühlt sich so leicht an, auf diese Weise Geld zu verdienen. Zumal ich mir klugerweise immer eine eiserne Reserve aufspare. Aber schon wieder bin ich mir zu sicher und setze einen Großteil meines Geldes, immerhin über 30 Euro, auf irgendein Spiel in Spanien. Als mein Team in Rückstand gerät, werde ich nervös und setze den Rest meines Guthabens auf den Gegner. Das Spiel endet 1:1, ich habe nichts mehr. Im Gegensatz zum biber-Herausgeber Simon Kravagna. Er hat als absolute Fußball-Null mit viel Glück seine Kohle verachtfacht. Jetzt kann er mir zumindest mehr Geld für diesen Text zahlen. 

 

 

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