Gastkommentar Timur Rusen Aksak: "Eine typisch österreichische Migrationsdebatte

16. Juni 2021

War der SPÖ-Vorstoß zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechts eine kluge Idee? Nein, findet Medienberater Timur Rusen Aksak im Gastbeitrag. 


 

Man muss sich Sebastian Kurz in diesen Wochen und Monaten als eine tragische Figur vorstellen. Vorbei die Zeiten, in denen sich sein imaginärer Heiligenschein in den Augen der Getreuen zu spiegeln schien. Jeder Tag birgt die Gefahr neuer Enthüllungen. Eine Anklage gegen ihn selbst ist im Bereich des Möglichen.
 

Und plötzlich sieht der Polit-Katholik (außer die Kirche will Flüchtlinge aufnehmen, gell) Kurz ein gleißendes Licht am Horizont. Aber es ist nicht etwa der wahre Heiland der Katholiken, der herabgestiegen ist, sondern sein roter Erbfeind, der ihm - aus unerfindlichen Gründen - helfen will, sich wieder freizuspielen. Und das auch noch mit seinem Leib- und Lieblingsthema: Migration.

Man würde denken, gerade die SPÖ würde Kurz und seine Schmähs am besten kennen. Ihm niemals freiwillig die Chance lassen, sein Lieblingsthema zu spielen. Aber die Roten überraschten uns - und wohl auch sich selbst, als sie ihren Vorschlag für eine Reform des Staatsbürgerschhaftsrechts vorstellten. Und die Türkisen um Kurz sind wohl noch heute trunken vor Freude, dass ihnen die Roten den Gefallen getan haben.

Was jeder Flüchtling im Asylverfahren steckend über Österreich weiß, unsere Wohlstandssozialisten aber wohl nicht, ist, dass es bei uns keine seriösen Migrationsdebatten gibt. Nie. Kurz weiß das, hat bereits in Wahlen davon profitiert. Und hat sich für die Details des roten Vorschlags nicht einmal interessiert, sondern gleich einen einfachen, aber für die heimischen Stammtische angenehmen Slogan einfallen lassen.
Die Roten beschweren sich, geben abwechselnd den Journalisten und den türkisen Intimfeinden die Schuld an einer polemisch geführten Debatte. Aber am Ende haben sie bekommen, was sie bestellt haben. Eine typisch, österreichische Migrationsdebatte: Sachlichkeit unerwünscht.

Die Rechten tun also, was sie schon immer getan haben: Dank dem Ausländerthema Stimmen sammeln. Und die Linken tun auch das, was sie schon immer getan haben: Nichts aus ihren Fehlern lernen. Für viele Linke scheint es am Ende eh ausreichend zu sein, wenn man der moralische Sieger auf Twitter wird.

 

Timur Rusen Aksak ist Medienberater. Er lebt und arbeitet in Wien. 

 

 

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