If you educate a woman, you educate a nation.

10. Oktober 2019

Die Allianz „Menschen.Würde.Österreich“ richtet sich in einer Resolution an die zukünftige Regierung, ernsthaft die Inklusion geflüchteter Frauen anzugehen.

Oft denkt man bei dem Begriff „Flüchtling“ an junge, alleinstehende Männer – zu Unrecht. 42 Prozent der Asylwerbenden sind 2019 weiblich, Tendenz steigend. Seit mehreren Jahren kommen immer häufiger Frauen mit ganz unterschiedlichen Schicksalen aus Kriegs- oder Krisengebieten nach Österreich, die meisten von ihnen mit ihrer Familie.
Was sie mitbringen, ist mitunter eine schwerzutragende Last: Traumatische Kriegserfahrungen, sexuelle Gewalt und die Torturen der Flucht.

Der Neubeginn in Österreich ist für diese Frauen besonders beschwerlich, da sie neben der Verarbeitung ihrer Erlebnisse und dem Einstieg in den Arbeitsmarkt auch noch für die Kinderbetreuung verantwortlich sind. In den letzten Jahrzehnten hat die Politik zu oft weggesehen, findet die Allianz „Menschen.Würde.Österreich“ und hat am Donnerstag, den 10. Oktober 2019, deswegen in einer Pressekonferenz in der Adria Wien eine Resolution an die zukünftige Regierung gerichtet. Die Rückschritte unter Türkis-Blau in Sachen Sozial- und Integrationspolitik wollten die Initiatoren Christian Konrad und Ferry Maier nicht mehr hinnehmen und haben gemeinsam mit Expertinnen aus Wissenschaft, Wirtschaft und dem NGO-Bereich den wuchtigen Katalog an Forderungen aufgestellt.

Die derzeitige Situation sei nämlich untragbar – etwa die Änderung des Sozialgesetzes, das nächstes Jahr in Kraft tritt und Deutschkenntnisse an den Erhalt der „Sozialhilfe“ koppelt. Die Herausforderungen, die Frauen bei diesem Weg zu einer passenden Stelle begegnen, unterscheiden sich oft nicht von jenen, die Frauen generell in Österreich tagtäglich auch erleben: Die Ausbildung kann nicht absolviert werden, weil es keine Kindergärten gibt, wo man die Kleinen unterbringen kann, selbst der Deutschkurs scheitert oft daran. Zudem sind die Frauen oft alleine für die Kinderbetreuung und Haushaltsführung verantwortlich.
Die Deutschkurse müssen dringend gendersensibler gestaltet werden und vor allem flächendeckend angeboten.
Es brauche vor allem endlich eine Stelle in den Gemeinden, die sich mit dem Thema Integration intensiv beschäftigt – in Deutschland kennt man etwa Integrationsräte auf Gemeindeebene.
Bei den Kompetenzchecks, die die muttersprachigen Mitarbeiterinnen des Vereins "Abz Austria" mit Geflüchteten in vielen verschiedenen Sprachen führen, würden die Betroffenen oft angeben, nichts zu können. Doch Vollmann hält fest: „Sie können nicht Nichts.“ Bei vertiefenden Gesprächen kommt oft heraus, dass die Frauen in ihren Heimatländern geschneidert, für viele Menschen gekocht oder Angehörige jahrelang gepflegt haben – alles Qualifikationen, die für den Arbeitsmarkt in Österreich mehr als nur wünschenswert seien, wie Judith Kohlenberger, Forscherin für Sozialpolitik weiß. Die Fehler der Arbeitsmarktpolitik der Gastarbeiterzeit dürften nicht wiederholt werden: „Frauen wurden als Anhängsel ihrer in Österreich arbeitenden Männer von der österreichischen Politik schlicht übersehen.“ Dies habe dazu geführt, dass die Frauen in schlechtbezahlten Berufen und/oder finanzieller Abhängigkeit verhaftet geblieben sind.

Nervige Scheindebatten, die Nichts in Sachen Förderung Geflüchteter voranbringen, haben aufzuhören, da ist man sich mehr als nur einig. „Die Energie, die von der Politik in die Kopftuchdiskussion gesteckt wird, wäre woanders besser investiert“, kommentiert Initiator Maier. Maßnahmen in der Bildung, in der Kinderbetreuung und dem gesamten Sozialbereich, die bei geflüchteten Frauen ansetzen, sind nämlich besonders wirkungsvoll: Die Ausbildung einer jungen Mutter bringt nicht nur sie weiter, sondern setzt auch ein positives Vorbild für ihre Kinder. Denn Frauen sind Multiplikatorinnen und Role Models in ihren Communities.
Am besten trifft es wohl ein afrikanisches Sprichwort: „If you educate a man, you educate an individual. If you educate a woman, you educate a nation.“

Passend zum Thema gab es bei der Pressekonferenz Catering von „Speisen ohne Grenzen“, wo geflüchtete Frauen jeden Tag ein traditionelles Gericht aus einem anderen Land kochen, die dann in nachhaltiger Verpackung in Büros oder zu Veranstaltungen geliefert werden.

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