65 % der kroatischen Wähler haben am Wochenende in der ersten Volksabstimmung des Landes gegen das Gesetz der gleichgeschlechtlichen Ehe gestimmt. Ein eindeutiges Statement, das auch innerhalb der Redaktion für Diskussion sorgt. Zwei biber-Redakteurinnen im Gespräch: 

Amra Dučić

Ich für meinen Teil bin hin- und her gerissen, muss mich aber letztlich doch der Mehrheit anschlieβen. Nicht, weil ich homophob bin, sondern weil ich in Hinsicht auf die Ehe traditionell denke und der Meinung bin, dass wenn sich jemand entschlieβt den Bund fürs Leben einzugehen, dann auch vor Gott in der Kirche, Moschee oder Synagoge. Und somit ist das auch nur zwischen Mann und Frau möglich. Als Muslima habe ich, denke ich, aufgrund der Religionsfreiheit ein Recht so zu denken. Ich verletze niemand und akzeptiere alle. Kroatien ist by the way mehrheitlich katholisch und aufgrund ihres Entschlusses auf einem ähnlichen Pfad wie ich. Ob die Bevölkerung die Entscheidung aufgrund von Religion oder doch Homophobie getroffen hat, kann ich nicht beurteilen, obwohl es einzig aufgrund des ersteren legitim wäre, denke ich.

Marina Delcheva

Und ich für meinen Teil finde, dass Staat und Kirche in einem demokratischen EU-Land kein Recht haben, den Menschen vorzuschreiben, wen sie heiraten dürfen und wen nicht. Und wieso sollen überhaupt großteils katholische Heterosexuelle über das Schicksal von homosexuellen Menschen abstimmen dürfen? Sie sollten sich über ihre eigene Ehe den Kopf zerbrechen. Und wenn wir schon mit der Religion argumentieren: Laut WHO sind geschätzte 10 Prozent der Weltbevölkerung homosexuell (versteckt oder ganz offen). Wenn Gott, Allah oder von mir aus das Spaghetti-Monster dagegen sind, warum haben sie sie dann erschaffen? Religions- und Meinungsfreiheit darf nur so weit gehen, bis sie anderen schadet. Und die Abstimmung in Kroatien hat all jenen geschadet, die sich wieder einmal – diesmal amtlich – anhören dürfen, dass sie abnormal und anders sind.

Amra Dučić

Es geht nicht um abnormal oder nicht. Eine Heirat sollte nicht zweckmäβig sein oder nur aufgrund irgendwelcher bürokratischer Vorteile wie Steuerentlastungen geschlossen werden. Sie kann immer auch geschieden werden, dessen bin ich mir bewusst, aber mit dieser Intention geht ja niemand zu Pfarrer und Co. Gegen ein Zusammenleben und die Liebe zwischen homosexuellen Menschen ist nichts einzuwenden, wozu braucht man die Ehe?

Marina Delcheva

Ich will gar nicht wissen wie viele Zweckehen am Balkan zwischen alten, reichen Männern und hübschen, jungen Frauen geschlossen werden. Ich wette, dass Schwule, die sich in so einem Umfeld vor den Traualter trauen, das mit mehr Überzeugung tun. Und wenn die Ehe sinnlos ist, warum verbieten wir sie dann nicht gleich für alle?

Amra Dučić

Und was ist mit Kindern? Heutzutage ist die Kindererziehung so und so schon schwierig genug. Wenn der Nachwuchs gleich im Kindergarten oder in der Volksschule ausgeschlossen wird, weil er anders ist, führt das zu Sozialisierungsproblemen. Deshalb sind zwei Mütter oder zwei Väter für mich keine Option. Es ist gut, wenn jemand zu seiner Homosexualität steht, aber Gott hat nicht vorgesehen, dass Kinder von zwei Männern oder zwei Frauen gezeugt werden können und so sollte es auch sein.

Marina Delcheva

Kinder, die zwei Papis oder zwei Mamis haben, leiden hautsächlich daran, dass ihr Umfeld sehr negativ darauf reagiert und sie schon im Kindergarten gemobbt werden. Und wegen seinen Eltern kann man immer leiden, egal welches Geschlecht sie haben. Ich habe lieber zwei fürsorgliche, mich liebende Väter, als einen alkoholkranken, gewalttätigen Vater und eine machtlose, hysterische Mutter, die mir die Schuld für ihre nicht-realisierten Träume gibt.

Und wo stehst du in diesem Konflikt?