Mireille Ngosso: Vorbild für Jugendliche mit Migrationshintergrund

08. Mai 2018

Mireille Ngosso (SPÖ) ist die neue Vize-Bezirkschefin der Inneren Stadt. Als erste Afroösterreicherin in diesem Amt hat sie viel Hass und Rassismus zu spüren kommen – aber auch Solidaritätsbekundungen und Unterstützung von der Zivilgesellschaft Wiens. 

von Salme Taha Ali Mohamed, Foto: Soza Almohammad

Mireille Ngosso

BIBER: Sie sind hauptberuflich Ärztin. Wieso haben Sie den Schritt in die Politik gewagt?

Den Schritt in die Politik habe ich eigentlich schon im Jahr 2000 gewagt, als die schwarz-blaue Regierung angelobt wurde. Das war das erste Mal, dass ich eine Bedrohung und auch Angst gespürt habe. Es war auch das erste Mal, dass ich mir gedacht habe, ich möchte mich irgendwann mal engagieren und in der Politik etwas tun. Das hat dann etwas gedauert – definitiv eingestiegen bin ich 2010.

Stört es Sie, dass Ihr Migrationshintergrund medial so in den Vordergrund gerückt ist?

Es war mir bewusst, dass es bei mir als Frau mit sichtbaren Migrationshintergrund ein Thema sein wird in Österreich. Stören? Naja, es wäre mir lieber, wenn es nicht so ist – aber so weit sind wir noch nicht. Ich hoffe aber, dass ich durch diese Funktion die Möglichkeit haben werde, die Menschen darauf zu sensibilisieren.

Sie wurden ja auch rassistisch beleidigt – haben Sie damit gerechnet?

Ich habe natürlich erwartet, dass es blöde Kommentare geben wird, aber nicht in diesem Ausmaß. Was mich aber wirklich überrascht hat, waren wie positiv andere Reaktionen waren und wie viele Menschen hinter mir gestanden sind. Wildfremde Menschen haben mich angerufen und mir geschrieben, nur um mir das mitzuteilen. Die Zivilgesellschaft in Wien ist sehr stark und das darf man nicht vergessen. Das war einfach ein wunderschöner Moment für mich.

Gibt es unter PolitikerInnen mit Migrationshintergrund einen runden Tisch, wo man sich über rassistische Erfahrungen austauscht?

Ja, es gibt bei uns in der SPÖ eine Gruppe von Menschen mit Migrationshintergründen aus verschiedenen Ländern, die sich regelmäßig trifft. Wir tauschen uns aus und bestärken uns auch gegenseitig. Das ist sehr wichtig!

Wie würden Sie das politische Interesse und Engagement von Menschen mit Migrationshintergrund einschätzen?

Ich glaube, dass das Interesse da ist, aber dass man es einfach mehr fördern muss und auch mehr in die Communities gehen muss. Ich bin mir sicher, dass ich als designierte Bezirksvorsteherin-Stellvertreterin und auch zum Beispiel Saya Ahmad im 9. Bezirk als designierte Bezirksvorsteherin so eine Art Vorbildrolle für Jugendliche mit Migrationshintergrund eingenommen haben. Ich bin überzeugt, dass wir es dadurch schaffen, andere zu motivieren, mitzumachen.

Braucht es mehr Menschen mit Migrationshintergrund in der Politik?

Auf jeden Fall braucht es mehr Menschen mit Migrationshintergrund. Für die SPÖ sind drei Frauen mit Migrationshintergrund im Nationalrat. Ich denke, dass das zu wenig ist und dass wir da noch mehr Arbeit leisten müssen. Aber ich glaube auch, dass es ein Prozess ist: wie in der Gesellschaft ist auch die SPÖ in einem Prozess und das wird eben dauern. Schritt für Schritt kommen wir ans Ziel. Die Politik muss nämlich die Gesellschaft repräsentieren und das tut sie noch nicht.

Was möchten Sie als erstes in Ihrer neuen Funktion umsetzen?

Einer meiner Hauptthemen ist leistbares Wohnen und die Schaffun eines Wohnraumes in der Innenstadt. Wien wächst ja - die Innere Stadt wächst aber nicht. Als Ärztin ist mir auch die Gesundheit ein wichtiges Anliegen: deshalb möchte ich mehr Gesundheitspraxen in die Innere Stadt bringen. Denn von 100 Prozent der Ärzte im ersten Bezirk sind 90 Prozent auf privater Basis und nur 10 Prozent auf Krankenkassa. Das sind einfach zu wenig. Natürlich ist mir auch der Nichtraucherschutz ein wichtiges Anliegen. Ich möchte dazu beitragen, dass Gastronomen und Gastronominnen ihre Restaurants in Nicht-Raucher-Lokale umwandeln.

 

Name: Mireille Ngosso

Alter: 38

Geboren: im Kongo, ist als Kind mit ihrer Familie nach Österreich geflohen

Besonderes: Die Kirche Maria am Gestade ist ihr Lieblingsort in Wien

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