When at Yugos House

14. September 2018

Zu Besuch in einem Balkanhaushalt kann man als ungeübter Gast oft ins Fettnäpfchen treten. Eine Guideline über das perfekte Gastgeschenk, Hausschuhzwang und Schleich-dich-Kaffee.

von Ivana Cucujkic

→ SCHUHE AUSZIEHEN: Ich wiederhole: Immer-die-Schuhe-ausziehen! Der Gastgeber wird aus Verlegenheit anbieten, sie anzubehalten. In Wahrheit meint er

aber: „Zieh sie ja aus, verdammt, und sau mir nicht den Teppich voll. Die Wohnung ist bli-tze-sau-ber.“

→ PATSCHEN ANZIEHEN: Ein routinierter Jugo-Gastgeber wird immer Hauspatschen anbieten. Diese hat er in mehrfacher Ausführung im Ikea-Vorteilspack in den Größen 38 bis 43 parat. In seiner Erziehung wäre andernfalls wohl gravierend etwas schief gelaufen. Hausschuhe, sowie Jogginghosen, gehören da zum Lifestyle und in jeden gut sortierten Jugoschuhschrank. Als Gast darf man diese ablehnen, riskiert aber schiefe Blicke.

→ DIE WANDER-BONBONIERE: Am Balkan weltberühmt, ist der Klassiker unter den Gastgeschenken am aussagekräftigsten auf der Gastgeber-Beeindruckungs- und Respektheitsskala. Lässt der Gast sich nicht lumpen, greift er zu den 500g-Lindt-Pralinés. Der Gastgeber wird innerlich begeistert nicken und sie vorsorglich zur Seite schaffen für seinen nächsten Gastauftritt. Das Schicksal dieser Konfektgeschenke ist es, immer wieder in einer fremden Naschlade zu landen. Die Wahl des Präsents aus zart-bitter sagt viel über die emotionale Bindung zwischen Gast und Gastgeber aus: Die schweizer Edelschoki schreit „I love you, I need you, ich will mich unbedingt bei dir einschleimen!“ Bei einem Null-Bock-Anstandsbesuch landet in der Glitzerpapiertasche eher ein ‚Merci‘ oder gleich die Jugo-Bonbonjera von minderer Qualität und Verpackungsdesign von 1976.

→ RUNTER DAMIT: Getränke werden stets ausgetrunken, bevor man geht. Ansonsten hinterlässt man Streit im Haus. (Also, wenn man daran glauben mag.)

→ UND RUNTER DAMIT: Ja, auch bitte immer alles vom Teller essen, auch den dritten aufgezwungenen Nachschlag, auch bei akutem Sodbrennen. Die Nichtbeleidigung des Gastgebers hat hier oberste Priorität.

→ DER „VERPISS-DICH-KAFFEE“: Das Ende eines geselligen Abends wird mit der „Sikteruša“ (sikter, türkisch: Schleich dich!) eingeläutet. Fragt die Gastgeberin „wer noch einen Kaffee will“, sollte jedem klar sein, dass nun (allerhöchste) Zeit ist zu gehen. Als Teil der Balkan Kaffee-Kultur ist die Sikteruša der ultimative konventionelle Code für „Ich hab die Schnauze voll von dir, gehst du jetzt bitte endlich?!“ Der Gastgeber wird laut Protokoll zum Bleiben überreden. Die einzig angemessene Reaktion darauf ist, sich mit Müdigkeit, Kopfweh oder sonst

irgendwas Unglaubwürdigem herauszureden.

→ VORZIMMERSESSION: In voller Montur angezogen, wird noch ein Thema nach dem anderen angerissen bis es unter der Daunendecke unangenehm feucht wird.

Man ringt dem Gastgeber das Versprechen ab, das nächste Mal un-be-dingt auch zu kommen und verlässt sein Haus mit einem leichten Magengeschwür und einer in

Alufolie abgepackten Miniatur des Abendmenüs.

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