10 Jahre Syrien-Krieg – die Schreckensbilanzen

05. März 2021

600.000 Tote, ca. 13 Millionen Flüchtende, 1.2 Billionen US-Dollar Kosten – das ist die momentane Zahlenbilanz zum zehnten Jahrestag des Krieges in Syrien. Ein Bericht der Kriegshilfeorganisation World Vision und der Beratungsfirma Frontiers Economics hat die fatalen Ausmaße des Syrien-Krieges in Zahlen zusammengefasst.

Im März 2011 begannen in Syrien Massenproteste gegen das Polizeiregime des Präsidenten Bashar al-Assad. Als Antwort darauf setzte al-Assad das Militär gegen die eigene Bevölkerung ein, was in einen noch heute andauerndem Krieg mündete.

Der Krieg in Zahlen

Laut Untersuchungen der Kriegshilfeorganisation World Vision und der Beratungsfirma Frontiers Economics sind unter den 600.000 Toten mehr als neun Prozent (55.000) Kinder. Die Lebenserwartung der Kinder ist, unter anderem wegen Einsetzung von Kindersoldaten, um 13 Jahre gesunken. Der Syrien-Krieg zählt weltweit zu jenen Konflikten mit den meisten Bombenabwürfen auf Schulen und Krankenhäuser. Einen Blick auf die materiellen Schäden und Kosten werfend, haben sich die Prognosen aus dem Jahr 2016 fast verwirklicht, 1.2 Billionen US-Dollar Sachschäden haben sich innerhalb einer Dekade angesammelt. Im Vergleich dazu haben bisher nur 19.4 Milliarden Dollar an internationaler humanitärer Hilfe Syrien erreicht.

Land der Berge, Land der Schutzsuchenden

Laut UNHCR hat 2019 Österreich 131.366 Menschen auf der Flucht aufgenommen und zählt somit zu den Ländern, die pro Kopf die meisten Schutzberechtigten aufgenommen hat. Umgerechnet entspricht das einem 1,47 %-igen Bevölkerungsanteil. Somit nimmt Österreich auf dem UNHCR-Ranking den 14. Platz ein. Der Libanon den ersten mit 13,57%.

Solche Zahlen werfen ein positives Licht auf Österreich, wobei man hierbei nicht vergessen darf, dass der Krieg in Syrien schon ein Jahrzehnt andauert. Momentan befinden sich 13 Millionen Menschen auf der Flucht. Mit unzähligen verlassenen Bauten, den täglichen Abschiebungen, die Österreichs Regierung vornimmt, und der älter werdenden Bevölkerung, hätten wir im Land der Berge noch mehr Platz als nur 1,5 Prozent der Flüchtenden. Österreich war in den 90ern auch ein Zufluchtsland, wieso nicht jetzt auch? Seit 2015 haben sich Parteien mit der Flüchtlingsfrage den Großteil ihrer Wählerschaft eingeheimst. Mit Druck und Panikmacherei erreicht auch Rechts die „Liberalen“ unter uns, für sie zu stimmen. Gewiss kann man sich immer auf die „Aber die nehmen uns ja die Arbeit weg“ und „Die gehören einfach nicht in unser christliches Europa“ Argumente stützen, aber was hat das noch mit den heiligen christlichen Werten Österreichs zu tun?

Zweifellos trägt Österreich keine Gesamtschuld am Krieg in Syrien. Kann sein, dass sich Österreich nicht verpflichtet fühlt gegenüber Schutzsuchenden. Aber Österreich ist auch ein Teil der Europäischen Union und immerhin wird in der EU-Charta der Grundrechte im 18. Artikel auch das Asylrecht und die Beachtung der Genfer Konvention (Flüchtlingskonvention), wieso also wegschauen? Syrien brennt schon seit zehn Jahren. Syrien ist ein globales, ein europäisches und eben ein österreichisches Problem. Der fortwährende Krieg darf nicht in Vergessenheit geraten. Die Flüchtlinge, die nach Österreich kommen, dürfen nicht stigmatisiert werden, dürfen nicht abgeschoben werden. Sie müssen in den Arbeitsmarkt integriert werden, ohne langwierige Prozeduren.

Es ist schwierig, als Einzelperson einen zehn Jahre lang andauernden Krieg zu beenden. Doch was uns privilegierten Europäern bleibt ist, auf die Situation in Syrien aufmerksam zu machen, die Flüchtlingspolitik bzw. die Grenzpolitik der EU an den Pranger zu stellen und den Geflüchteten Hilfe leisten.

Ein kurzer Rückblick

Im Zuge des Arabischen Frühlings hat die syrische Bevölkerung begonnen, gegen das Regime von Assad auf den Straßen zu demonstrieren. Bald darauf wurden Scharfschützen eingesetzt und die Proteste blutig niedergeschlagen. Die Opposition gründete die Freie Syrische Armee (FSA), bald darauf bildeten sich aus der FSA separate Milizen nach religiösen und ethnischen Standpunkten. In 2012 ist der Bürgerkrieg vollständig ausgebrochen. Bis zum Jahresende sind schon eine halbe Million Menschen auf der Flucht. 2014 greifen auch erstmals die USA aktiv in den Krieg ein. Es kommt zu weiteren internationalen Eingriffen: Die Aufständischen werden seitens der USA und Türkei gestützt, das Assad-Regime von Russland und dem Iran. Syrien wird zum Stellvertreterkrieg. Mehrere Friedenskonferenzen werden abgehalten, man forderte Übergangsregierungen und Waffenruhen, nichts davon wird eingehalten. Im Jahr 2015 erreichte die Zahl der aus Syrien stammenden Flüchtlinge die 4 Millionen. Auch Europa wird sich ab dem Zeitpunkt mit der Syrien-Flüchtlingsthematik ausgiebig befassen und wird prompt zu einer Festung. Es ist eine Kunst, den Überblick über alle Kriegsparteien in Syrien seit den letzten 10 Jahren zu behalten, vor allem als Nicht-Politologe oder Experte. Fakt ist: Der Syrien-Krieg hält eine Dekade an und scheint noch immer aussichtslos.

Blogkategorie: 

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

2 + 8 =
Bitte löse die Rechnung