“EuroPride oder wie auch immer man dieses Ding nennen will”

29. August 2022

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Foto: Zorana Jevtic / REUTERS / picturedesk.com

Am Samstag hat der serbische Präsident Aleksandar Vučič bekanntgegeben, dass die EuroPride-Parade nicht geplant stattfinden wird. Seine Aussagen haben für internationales Kopfschütteln gesorgt. 


“Die Pride-Parade, oder wie auch immer man dieses Ding nennen will, die für September geplant war, ist abgesagt oder verschoben”, sagte Vučič bei einer Pressekonferenz am Samstag. Grund sei der Konflikt im Kosovo, dessen Unabhängigkeit Serbien weiterhin nicht anerkennen möchte. 

Die EuroPride ist eine paneuropäische Veranstaltung, die vom 12.-18. September in der serbischen Hauptstadt geplant war. Es ist eine unabhängig organisierte Veranstaltung, die jedes Jahr in einer anderen Stadt stattfindet. Die Gastgeber werden aufgrund ihrer LGBTQ-Community oder einer etablierten Pride-Veranstaltung ausgewählt. 

Es wäre die erste EuroPride in Südosteuropa und von großer Bedeutung für die Community vor Ort. “Auf dem Westbalkan ist die LGBTI+-Gemeinschaft mit tiefer Ungleichheit und Diskriminierung konfrontiert. EuroPride in Belgrad ist ein Wendepunkt in der Region, der die Bemühungen von LGBTI+-Aktivisten bestätigt, Gleichberechtigung zu erreichen, und sie befähigt, den Kampf fortzusetzen.”, schreiben die Organisator*innen auf der Website der diesjährigen EuroPride.

Kritik für Autokrat Vučič

Im Anschluss an die Ankündigung, dass die Veranstaltung nicht stattfinden soll, erntete Vučič scharfe Kritik. Internationale Medien, NGOs und Menschenrechtsorganisationen positionieren sich klar gegen diesen Schritt und erklären sich solidarisch mit der LGBTQ-Community vor Ort.

Die Organisator*innen beziehen in einer Presseaussendung auch klare Stellung. “Weder die Gastgeber der EuroPride 2022, Belgrade Pride, noch wir als Lizenzgeber werden die EuroPride in Belgrad absagen", sagt Kristine Garina, Präsidentin der European Pride Organizers Association. Das Verbot der Veranstaltung sei laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte illegal und würde gegen Artikel 11, 13 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Serbien als Mitglied des Europäischen Rats mitunterzeichnet hat, verstoßen.

Die politische Spitze und orthodoxe Kirche sehen das anders. Gestern Abend versammelten sich Tausende Menschen, um gegen die Veranstaltung der EuroPride zu demonstrieren. Sie trugen Kreuze, Heiligenikonen und religiöse Flaggen. Auch der Bürgermeister Belgrads ist gegen die Veranstaltung und lehnte die Einladung, die EuroPride zu eröffnen, ab. 

Zum Abschluss des Protests, lobte Bischof Nikanor die Regierung. Er nannte die Lebensformen von LGBTQ-Personen eine “Abnormität”, mit denen man umgehen müsse, wie Wladimir Putin es in Russland tue. Diesen nannte er den “Zaren des Planeten”.

Belgrad, Serbien
Foto: Darko Vojinovic / AP / picturedesk.com

Politik zwischen allen Stühlen

Vučič ist bekannt dafür, eine gute Balance zwischen Diplomatie in Brüssel und Autokratie in Serbien zu bewahren. Während er ein autokratisches Regime führt und seine Rechte Politik und serbischen Nationalismus im Land fördert, gibt er sich als pragmatischen Politiker bei Verhandlungen mit Vertretern der EU.

Nach und nach lässt er die Maske fallen und wird heftig kritisiert. Auch bei dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zeigte sich die serbische Regierung solidarisch mit Russland und weigerte sich, Sanktionen zu verhängen. Diese nennt der serbische Innenminister Aleksandar Vulin “Hysterie” und positionierte sich bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister dagegen.

Solange Politiker wie Vučič an der Macht sind, ist eine Versöhnung und europäische Lösung am Westbalkan undenkbar.

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