Haben Tiere mehr wert als Kinder?

31. Mai 2016

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Tiere
Screenshot: Youtube

In einem amerikanischen Zoo musste ein Gorilla erschossen werden, weil dieser ein Kind in Lebensgefahr gebracht hat. Tierliebhaber trauern lieber um das tote Tier, als sich um das verletzte Kind zu sorgen.

Ein Zoo in der amerikanischen Stadt Cincinnati verdrängt selbst den Präsidentschaftswahlkampf aus den Schlagzeilen. Denn der muss sich jetzt rechtfertigen, warum sie „Harambe“, einen 17-jährigen Gorilla, erschießen lassen mussten. Tierliebhaber in den sozialen Netzwerken sind empört. Ein User aus Dänemark schreibt in Facebook sogar: „Ein vom Aussterben bedrohtes Tier zu töten ist schlimmer als Mord.“

Was ist passiert?
Ein vierjähriges Kind stürzt in ein Gorilla-Gehege. Das Tier wird darauf aufmerksam und zieht den Jungen über einen Wassergraben. Sein Leben befand sich unmittelbar in Gefahr. Die Zoowärter sahen sich gezwungen, den Gorilla zu erschießen.

Auch wenn dies ein drastischer Schritt war und das Tier nach seinen Instinkten gehandelt hat, ist an der Vorgehensweise der Zoowärter nichts auszusetzen. Jetzt könnte man einwenden, ein Betäubungsschuss hätte ausgereicht. Eben nicht. Denn damit wäre das Tier nicht gleich außer Gefecht und hätte mit seinen durch den Schuss ausgelösten Reflexen den Jungen sogar töten können.

Shitstorm gegen Zoo und Mutter
Tierliebhaber sehen das ganz und gar nicht so und trauern eher um Harambe, als sich um das Kind zu sorgen. Ihre Wut richtet sich nicht nur gegen den Zoo, sondern skurrilerweise auch gegen die Mutter des Kindes. Die hätte die Aufsichtspflicht verletzt und so den Tod des Gorillas herbeigeführt. In Facebook starteten User eine Petition für den getöteten Gorilla. 200.000 Menschen fordern darin eine strafrechtliche Verfolgung der Mutter. Die musste ihren Facebook-Account schließen, weil zahlreiche Hassmails bei ihr eingingen. Dass der vierjährige Junge im Spital wegen einer Gehirnerschütterung behandelt werden musste, kümmerte anscheinend nur Wenige.

In der Internetgemeinde werden Tiere – was gegen ihre Natur spricht – vermenschlicht und besitzen anscheinend mehr Wert, als Kinder. Auch andere Beispiele veranschaulichen eine falsch verstandene Tierliebe unter Menschen:

Sitzblockade, um Hund vor Einschläferung zu bewahren
Im Herbst 2014 musste in der spanischen Hauptstadt Madrid ein Hund eingeschläfert werden, weil er sich mit Ebola infiziert hatte. Daraufhin hatte der Ehemann der Halterin im Internet eine Petition zur Rettung des Hundes gestartet. Diese wurde von 350.000 Menschen unterstützt. Es kam sogar zu einer Sitzblockade vor dem Haus, in dem der Hund lebte, als die Polizei ihn abholen wollte. Was aber bei dem ganzen Trubel irritiert: Die Öffentlichkeit sorgte sich mehr um den Gesundheitszustand des Hundes, als um den der Halterin, die ebenfalls an Ebola erkrankt war.

Zirkustiere werden von Tierschützern befreit und sterben daraufhin
In den vergangenen Wochen haben militante Tierschützer in Bayern gleich mehrmals Zirkustiere befreit, in der Annahme, den Tieren etwas Gutes zu tun. Auch wenn die Zirkustierhaltung berechtigterweise zu kritisieren ist, so hatte die Aktion der Tierschützer verheerendere Folgen. Die freigelassenen Tiere irrten umher. In Bogenhausen rannte ein Kalb in Panik auf die Straße und wurde von einem LKW erfasst. Die Verletzungen waren so schwer, dass die Polizei das Tier erschießen musste, um es von seinem Leid zu erlösen. Einen ähnlichen Vorfall gab es in Blumenau, als ein freigelassener Strauß von einem PKW erfasst und getötet wurde.

Mitleid eher mit Tieren als mit Menschen
Eine Studie in den USA, die mit Studenten durchgeführt wurde, hat zudem ergeben, dass Menschen mehr Mitleid mit misshandelten ausgewachsenen Hunden haben, als mit erwachsenen Menschen. Die Probanden der Studie erhielten einen fiktiven Zeitungsartikel, in dem entweder von der Misshandlung eines Welpen, eines ausgewachsenen Hundes, eines Kleinkindes oder eines Erwachsenen berichtet wurde.

Zunächst wenig überraschend, erregten das Kleinkind und der Welpe am meisten Mitleid. Dagegen erzeugte der Bericht über den ausgewachsenen Hund mehr Anteilnahme, als jener über den erwachsenen Menschen. Experten haben keine eindeutige Erklärung dafür. Sie vermuten jedoch, dass es mit der Wehrhaftigkeit der Subjekte zusammenhängt. Während Kinder und Tiere sich gegen eine Misshandlung nicht wehren können, schreibe man dies einem erwachsenen Menschen zu. Aus diesem Grund würde sich die Anteilnahme beim Letzteren in Grenzen halten.

Dennoch ist das noch lange kein Grund, diesen Missstand achselzuckend hinzunehmen. Ich persönlich bin gegen jegliche Form von Gewalt und Missbrauch an Tieren. Aber es darf nicht sein, dass Tierliebe so weit geht, dass sie zu Menschenhass führt. 

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