Herr Nehammer, lernen Sie Geschichte!

06. September 2022

„Sollen wir denjenigen, der Krieg führt und damit Völkerrecht bricht, und das zum ersten Mal nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa in dieser Form, einfach gewähren lassen? Unrecht einfach geschehen lassen? “ sagte Karl Nehammer im gestrigen Sommergespräch über die Sanktionen gegen Russland. Ein Bundeskanzler, der den Geschichteunterricht anscheinend verschlafen hat.


Doch nicht nur er, sondern auch viele andere PolitikerInnen wie NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger betonen, dass der russische Angriff auf die Ukraine das erste Kriegsverbrechen in Europa seit dem zweiten Weltkrieg sei. Das ist nicht nur falsch, es ist ignorant.

„Bei vielen jungen Menschen in Europa findet gerade eine massive Desillusionierung statt. Mehr noch als die Älteren, haben sie sich einen Krieg in Europa nie auch nur vorstellen können. Aber die Geschichte ist zurück.“ twittert ORF-Journalist Stefan Lenglinger im Februar. Es ist eine Illusion, dass Kriege in den letzten Jahren in Europa nicht stattgefunden hätten. Über 200.000 Menschen sind in den 90er Jahren im Jugoslawienkrieg ums Leben gekommen. Srebrenica 1995, Bombardierung Belgrads 1999, Krim 2014 - nur ein paar Beispiele für Kriegsverbrechen auf europäischem Boden. PolitikerInnen und JournalistInnen, die die Schicksäle von Millionen von Menschen degradieren, vergessen, oder denen es einfach egal ist?

Laut dem Integrationsbericht 2022 hat jeder vierte Mensch in Österreich Migrationshintergrund. Sie mussten aus ihren Heimatländern fliehen. Teilweise vor Krieg und Schrecken, teilweise vor den miserablen Lebensumständen, die der Krieg hinterlassen hat – und dass sehr wohl vor unserer Haustür. Mitten in Europa.

Die Ignoranz, die solche Aussagen nur bestätigen, ist gefährlich. Sie hilft nicht dabei, dass sich MigrantInnen in Österreich gesehen fühlen. Sie hilft nicht dabei, dass MigrantInnen Teil unserer Gesellschaft sein möchten. Also Herr Nehammer, bitte schlagen Sie mal wieder das Geschichtebuch auf!

 

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