„Ich verspürte das Bedürfnis, meine Erfahrungen zu erzählen“

01. März 2016

cosaka_20151001_045.jpeg

„Ich verspürte das Bedürfnis, meine Erfahrungen zu erzählen“
bereitgestellt

migrationlab“ ist eine soziale Initiative, die zum Ziel hat,  MigrantInnen,  Flüchtlingen und  Einheimischen Möglichkeiten anzubieten, sich zu treffen, aufeinander zu wirken und sich gegenseitig zu inspirieren.  Durch Storytelling und Social Design wird die Kommunikation zwischen Gastgemeinschaften, MigrantInnen und Flüchtlingen ermöglicht. Wir haben mit Laura Pana – der Gründerin von migrationlab – über die Umsetzung des Konzeptes, zukünftige Pläne und die Flüchtlingskrise geredet.

Als Inspiration für das Projekt „migrationlab“ nutzte Laura Pana ihre eigene Erfahrung als Migrantin. Geboren in Ploiesti, Rumänien, hat sie ihren Wohnort bisher viele Male gewechselt. Sie hat in einem internationalen Umfeld in Rumänien, in Österreich, wo sie 7 Jahre lang gelebt hat, und anderen europäischen Ländern gearbeitet. Jetzt wohnt Laura mit ihrem Freund in Den Haag, in den Niederlanden.  Migration ist in unserer globalisierten Welt schon zu etwas Üblichem geworden. Trotzdem haben viele MigrantInnen immer noch mit Vorurteilen zu kämpfen. Die Tatsache, dass wir Menschen nach ihrer Herkunft beurteilen, verändert die Art und Weise, wie wir mit ihnen kommunizieren – je ärmer das Land, desto negativer die Einschätzung. Darüber hinaus verstärkt die mediale Berichterstattung die Stereotypen. Basierend auf den Erfahrungen, die sie während ihrer Migration machte und aus einem Staat kommend, der von Europa negativ eingeschätzt wird, hat sich Laura dazu entschieden, etwas dagegen zu unternehmen. So entstand „migrationlab“, ein Projekt, das einen Dialog zwischen MigrantInnen und Einheimischen mittels eines gemeinsam gebauten Wohnzimmers ermöglicht.

  • Wann und wie wurde das migrationlab zur Wirklichkeit?

Nachdem ich mich mit verschiedenen Situationen wegen meines Migrationshintergrundes konfrontiert  habe, spürte ich das Bedürfnis, meine Erfahrungen zu erzählen. Daher fing ich an, einen Blog zu schreiben. Aus dem Blog wurde ein Projekt. Zwischen September und Dezember 2014 habe ich das Konzept von migrationlab entworfen. Ich recherchierte und überlegte, wie ich mein Projekt ins Leben rufen könnte und so kam mir die Idee, alles als ein Wohnzimmer zu gestalten. Ein gemütlicher Ort, wo sich Menschen treffen, kennenlernen und die eigenen Geschichten erzählen. Genau das ist mir mit Welcome To The Living Room gelungen.

  • Was ist Welcome to the Living Room? Wie funktioniert das Konzept und wer ist zur Teilnahme eingeladen?

Welcome To The Living Room ist das erste Projekt von migrationlab.  Grundsätzliches Ziel ist, urbane Räume als öffentliche Wohnzimmer  neu zu denken. Das Ganze erfolgt in zwei Stufen. Erstmal wird ein Raum umgewandelt. Dabei machen Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und beruflichen Backgrounds – also MigrantInnen, Flüchtlinge und  Gastgemeinschaften -  mit. Nachdem ein Wohnzimmer eingerichtet und vorbereitet wird, findet in den Räumlichkeiten ein Treffen statt, wo die Teilnehmer ihre Migrationsgeschichten und Gedanken erzählen. Die Erzählung kann in allen Formen erfolgen – Singen, Tanzen, durch ein Gedicht. Am Ende findet eine Diskussion statt, in der alle zum Mitsprechen ermutigt werden. Wichtig ist, dass die Menschen sich begegnen und die individuellen Geschichten der anderen zu hören bekommen. Somit tritt die Menschlichkeit und nicht die Herkunft in den Vordergrund. Genau das ist das Ziel von Welcome To The Living Room: auf Vorurteile zu verzichten und die Person als ein Individuum wahrzunehmen. Dabei wird die Kommunikation zwischen MigrantInnen und den einheimischen Communities vereinfacht.

migrationlab
bereitgestellt
  • Wie habt ihr das Ganze finanziert?

Wir haben am Anfang alles selber finanziert und durch Hilfe von Freunden, Familie und Partnern umgesetzt. Letztes Jahr im September hat migrationlabs  Projekt Welcome to the Living Room am Idea Camp von European Cultural Foundation teilgenommen und wurde zwischen den 25 Gewinner gewählt, die einen finanziellen Preis für die Recherche und weitere Entwicklung des Projektes bekommen haben. Mit diesem Geld geht jetzt das Projekt weiter. Wir möchten mit Welcome to the living room mehrere Länder erreichen, vielleicht sogar einige außerhalb Europas. Daran arbeiten wir jetzt.

  • Migrationlab wurde im März 2015 in Wien in Gange gesetzt. Wie wurde das Projekt aufgenommen? Wie rezeptiv waren die Einheimischen?

Die Eröffnung hat im Verein 08 stattgefunden. Auch Wien ist für mich Zuhause. Die Zusammenarbeit mit dem Dominik Nostitz, dem Gründer dieses Kunstraumes, war dabei sehr wichtig. Da Dominik unser Lokalpartner war, haben wir mehrere Menschen – MigrantInnen und Einheimische, die an dem Projekt interessiert sein könnten, erreicht und zur Teilnahme  eingeladen.  Das Projekt kam sehr gut bei den Einheimischen an, die sich hilfsbereit und offen zeigten. Es wurden Ideen aus verschiedenen Perspektiven diskutiert und Menschen in Verbindung zueinander gesetzt. Das Wohnzimmer funktioniert vor allem als ein Ort, wo Leute auf Labels verzichten und bereit sind, eine neue Sichtweise zu akzeptieren.

Eine weitere Erfahrung haben wir im Rahmen von Vienna Design Week gemacht.  Diesmal wurde ein Raum in der ehemaligen Anker Fabrik zum Wohnzimmer von migrationlab. Für zehn Tage gab es die Möglichkeit, bei Welcome To The Living Room mitzumachen. Es wurden Diskussionen über Heimat, Identität, die aktuelle Lage in der Flüchtlingskrise geführt, Kunstperformances und kulturelle Events veranstaltet. 

 

 

  • Zurzeit wohnst du in Den Haag. Was passiert dann mit dem migrationlab in Wien?

Dieses Jahr werde ich in Holland aktiver sein. Aber bald möchte ich das Projekt in Wien wiederaufnehmen. Es stehen mehrere Kooperationen am Plan, doch bis sie sich konkretisieren, kann man noch nichts sagen. Migrationlab ist ständiges „work in progress“, das immer größer wird, je mehr sich die Menschen engagieren. Der soziale Kontext spielt eine sehr wichtige Rolle.

  • Mit der Flüchtlingskrise hat das Thema Integration einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft bekommen. Was denkst du über die Flüchtlingskrise? Gibt´s deiner Meinung nach eine Lösung?

Europa befindet sich momentan in einer komplizierten Lage. Ich denke, was unsererseits wichtig ist, ist weiterhin den Dialog und das gegenseitige Verständnis zwischen den Flüchtlingen und den Einheimischen zu ermöglichen, Empathie zu zeigen und offen zu bleiben. Meiner Meinung nach ist es das Wichtigste, was wir zurzeit machen können. Lernen, wie man mit Gemeinsamkeiten und Unterschieden leben kann und niemals vergessen, dass wir alle Menschen sind.

migrationlab
bereitgestellt

Blogkategorie: 

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

7 + 6 =
Bitte löse die Rechnung