#likemetoo

26. April 2018

Mit ihrer Kunstfigur, dem Retro-Virus Influenca, hält die Künstlerin Barbis Ruder auf dem Donaufestival dem klassischen Influencer-Marketing einen Filter vor. Online-Tears gibt es auch zu kaufen.

Medizinisch betrachtet ist ein Retro-Virus besonders gefährlich, da er mutieren und sich adaptieren kann. Nicht nur medizinisch, sondern auch gesellschaftlich kann so ein Virus sehr viel Schaden anrichten. Mit Hashtags wie #supersocial und #supersick thematisiert Influenca die neuesten Facebook-, Twitter- und Instagram-Trends auf ironische und witzige Weise. Filmen ist beim Donaufestival am 4. und 5. Mai nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht – je mehr Social Media-Fame, desto besser. Dabei stehen Influenca und Mark Zuckerberg gerade auf Kriegsfuß. Windows 98 hat damals noch keine Geburtsurkunden für Viren erstellt, weshalb sie sich momentan schwer tut, ihren richtigen Namen (Influencer Influenca) nachzuweisen.

Always happy

Eine soziale Krankheit – in diese Richtung geht der Social Media-Wahn. Die ewige Fröhlichkeit und den schönen Schein wahrt Influenca bei ihren „Happynings“, also Events, in denen Retro-Influenca aus der Online- in die reale Welt eintritt und mit echten Menschen in Berührung kommt. Sie ist zwar ein Online-Virus, aber ein Retro-Online-Virus und noch nicht auf dem neuesten Stand der Dinge. Deswegen lässt sie sich bei den Happynings gerne beraten, entdeckt Snapchat-Filter und macht all das, was Online-Profile so machen – liken, teilen, kommentieren.

Wer beeinflusst wen?

Barbis Ruder muss das Rad gar nicht neu erfinden. Es reicht, sich in der Welt umzusehen und die neuesten Entwicklungen kritisch zu hinterfragen. Der Name @RealInfluenca hat eine hochkarätige Twitter-Persönlichkeit zum Vorbild, die zusammen mit anderen Faktoren und Playern die Wahlen der größten Wirtschaftsnation der Welt beeinflusst hat. Mehr Stoff braucht man ja fast nicht. Und doch hat Barbis jeden Tag neue Ideen und Inspiration für ihr gesellschaftskritisches Kunsprojekt – gut für sie, fraglich für unsere Gesellschaft. Influenca beeinflusst und lässt sich selbst beeinflussen. Über ihre Crowdfunding-Kampagne ist sie übrigens auch finanziell beeinflussbar. Wer Influenca influencen will, kauft sich Online Tears, 15 Sekunden Fame und Pinke Elefanten.

Fame zahlt dir kein Brot

Neben Katzenvideos, Snapchat-Hundefiltern und Superlikes wird auch Kunstförderung thematisiert. Wofür ist Kunstförderung da? Um KünstlerInnen zu fördern – würde man meinen. Nur geschätzte 10% des Budgets für Kunstpreise und Auszeichnungen gehen an KünstlerInnen. Der Rest wird ausgegeben für Marketing, PR, Veranstaltungen, etc. Marketing für die FördergeberInnen wohlgemerkt, nicht für die KünstlerInnen. Fotos, bei denen sich SponsorInnen mit ihrem Engagement schmücken; KünstlerInnen, die als Accessoire verwendet werden. „Natürlich ist Marketing gut. Es bringt Reichweite und macht deine Kunstwerke im besten Fall erstrebenswerter. Doch von Fame allein kann ich mir kein Brot kaufen“, kritisiert Barbis. Hätte sie letztes Jahr kein Stipendium bekommen, könnte sie nicht als Künstlerin leben.

Arbeitsteilung

Obwohl Influenca erst am 4. und 5. Mai ihren großen Auftritt hat, ist sie jetzt schon sehr aktiv in den „sozialen“ Netzwerken. „Wir teilen uns die Arbeit ganz gut auf“, scherzt Barbis. „Ich bin im realen Leben tätig, während Influenca die Online-Präsenz übernimmt. Ich habe sie ins Netz verbannt, damit ich in Ruhe arbeiten kann.“ Und da gehört sie auch hin. Ein Real-Life-Retro-Virus ist dann doch nicht so witzig.

Hier geht’s zur Crowdfunding Kampagne.

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