Mein Opa, der Nazi

01. Juni 2016

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Foto: Pixabay

Drei Autoren arbeiten in ihren sehr unterschiedlichen Büchern die Taten ihrer NS-Vorfahren auf.

Seine Verwandten kann man sich nicht aussuchen. Eine Tatsache, die viele Nachkommen von NS-Tätern akzeptieren müssen. Doch oftmals wird die dunkle Vergangenheit innerhalb der Familie verdrängt und tabuisiert. Manche Enkel dieser Verbrecher beschäftigen sich mit ihrer Familiengeschichte. Dabei werden sie vor die Wahl gestellt: Entweder die Familie oder die Wahrheit verletzen.

Die Verbrechen der Vorfahren

Alexandra Sennft arbeitete bereits 2007 die braune Vergangenheit ihres Großvaters in ihrem Buch „Schweigen tut weh. Eine deutsche Familiengeschichte“ auf. Dieser fungierte als Gesandter des Dritten Reiches in der Slowakei. Dort war er für die Ermordung zehntausender slowakischer Juden verantwortlich. Nach dem Krieg wurde er hingerichtet. In ihrem aktuellen Werk ,,Der lange Schatten der Täter. Nachkommen stellen sich ihrer NS-Familiengeschichte“ portraitiert Sennft nun andere Kinder und Enkel mit einer ähnlichen Geschichte. Vor allem in der ersten Nachfolgegeneration soll viel verdrängt worden sein. Das wirkt sich auch auf deren Kinder aus, deren Eltern die Schuld ihrer Vorfahren nicht anerkennen wollen und sie manchmal auch verharmlosen. Viele dieser Menschen sind durch ihr erstes Buch auf sie gestoßen. Ihre Biografien gibt die Autorin reportagenmäßig wieder und erschafft einen privateren Zugang zu diesem äußerst schwierigen Thema.

Juden und Nazis in einer Familie

Kriminalautor Stefan Slupetzky arbeitet seine komplexe Familiengeschichte etwas anders auf: In dem halbfiktionalen Roman ,,Der letzte große Trost‘‘ erzählt er die Geschichte von Daniel Kowalski, dessen familiärer Hintergrund sowohl Opfer als auch Täter enthält. Wie auch bei Slupetzky. Seine Familie väterlicherseits waren Nazis, die eine Chemiefabrik betrieben. Sie stellten auch das bekannte Zyklon B her, das bei der Vergasung zahlreicher Juden eingesetzt wurde. Die Familie der Mutter war jüdischen Ursprungs. Mit einem derartigen Background bepackt geht er in seinem Roman auf Themen wie die Suche nach der eigenen Identität ein.

Ein Fest à la Game of Thrones

Der Schweizer Journalist Sacha Batthyany schreibt hingegen über eine wahre Geschichte. Und die ist ziemlich blutig: Man schreibt das Jahr 1945, der Krieg ist bald vorbei. Betthyanys Großtante, die  Gräfin Margit Thyssen-Batthyány gibt auf Schloss Rechnitz ein Fest. Die Besucher waren ranghohe SS-Offiziere.  Zur ihrer Belustigung wurden während des Festes ungefähr 200 Juden hingerichtet. Doch der Journalist wusste lange nichts von dieser Gräueltat. Erst als die FAZ darüber berichtete, erfuhr er darüber. Ab da begann er, mehr über seine Familie zu forschen. Er reiste quer durch die Welt, las das Tagebuch seiner Großmutter. Er versuchte zu verstehen. Das Resultat: ,,Und was hat das mit mir zu tun?‘‘, ein Buch, das sich wie ein Krimi lesen lässt.

 

Man kann nie etwas für seine Verwandten. Man kann sich nicht aussuchen, woher man kommt. Aber sehr wohl, wie man damit umgeht. Die einen schweigen es tot, die anderen stellen Nachforschungen an und schreiben darüber. Heraus kommt dann eine Sichtweise, wie wir sie noch nie gesehen haben.

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