„Mittlerweile kostet dich ein Schritt nach draußen schon 30€“: Junge Wiener:innen sprechen über die Inflation

11. August 2023

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Das Leben in Österreich bleibt teuer. (c) Mohammed Hassan über Pixabay

Ausflüge, Miete und sogar der tägliche Einkauf: All das ist durch die Teuerung für viele Menschen schwer leistbar geworden. Doch wie nehmen junge Wiener:innen die aktuelle Krise wahr, und was halten sie von den bisherigen Leistungen der Regierung? Wir haben uns auf der Straße umgehört.

Interviews: Filip Lazar und Mathias Psilinakis

Biber: Laut der Statistik Austria lag die Inflation im Juli bei etwa 7% , die Teuerung ist also weiterhin in vollem Gange. Wie haben die hohen Preise deine Lebensqualität beeinflusst? Fühlst du dich in deinem Alltag dadurch eingeschränkt? 

Kathrin (23, Studentin): Beim Einkaufen achte ich sehr darauf. Mittlerweile gehe ich vor allem in den Sozialmarkt und auf den Markt, wo ich Sachen billiger kaufen kann. Ich schaue auch besonders aufs Heizen. Ich fahre nur zu meiner Familie nach Graz, wenn es sich auch wirklich auszahlt.

Fana (27, psychosoziale Beraterin) und Anna Laura (33, Projektmanagerin/Facilitator): Es ist vor allem im Supermarkt sehr spürbar, die Kaufkraft ist einfach deutlich geringer. Wir sind sehr froh, dass wir auch mit Börek und einem Kaffee vom Billa zufrieden sind, momentan ist es einfach unleistbar in Cafés zu sitzen!

Aleyna (22, Studentin): Lebensmittel sind noch machbar, aber Energie und Miete sind für uns leider extrem teuer geworden. Ich fühle mich in meinem Alltag aber nicht sehr eingeschränkt.

Toni (28, Künstler/Kellner): Ich will mich gar nicht anpassen, also ich kaufe ein wie früher und es bleibt eben weniger in der Geldtasche. Schlimmstenfalls kann ich immer noch Kunst verkaufen, ich gehe aber lieber arbeiten.

Stefan (23, Fotograph): Vor allem beim Einkaufen merke ich es schnell. Wenn ich mir etwa schnell etwas zu essen kaufen will, sind gleich mal mehr als 8€ weg, vor zwei Jahren waren es noch 5 oder 6€.

Kai (21, Student): Ich fühle mich besonders in meiner Freizeit eingeschränkt. Wenn du etwas Cooles machen willst, musst du gleich mal mit 30€ rechnen. Mittlerweile kostet dich ja ein Schritt nach draußen schon 30€!

Besonders viel wird momentan über die Mieterhöhungen diskutiert: In den letzten 15 Monaten gab es bereits vier davon, die neuste Erhöhung erst seit diesem Monat. Wie haben die Mieterhöhungen dein restliches Konsumverhalten beeinflusst?

Kathrin: Ich gebe prozentuell um einiges mehr für meine Miete aus. Ich werde zwar von meinen Eltern unterstützt, früher war es aber 50:50 und jetzt zahle ich mehr als zwei Drittel. Ich muss mittlerweile viel mehr arbeiten, um den gleichen Lebensstandard wie noch vor zwei Jahren zu haben.

Fana: Ich bin zum Glück nicht von einer starken Mieterhöhung betroffen, trotzdem macht es einen großen Unterschied, wenn weniger Geld da ist (Anna Laura stimmt zu).

Aleyna: Ich lebe mit meiner Familie. Jetzt müssen meine Eltern mehr arbeiten und wir können weniger Aktivitäten machen. Außerdem sparen wir mehr. Beim Einkaufen sind wir zum Glück nicht ganz so eingeschränkt.

Toni: Ich habe mitbekommen, dass die Mieten deutlich gestiegen sind, ich wäre auf jeden Fall für einen Mietpreisdeckel. Vor allem für die Zukunft mache ich mir Sorgen, ich werde bald umziehen und werde es dann sicher noch mehr zu spüren bekommen.

Stefan: Strom ist zwar bei uns gestiegen, wir hatten aber tatsächlich noch keine Mieterhöhung.

Kai: Ich wohne noch bei meinen Eltern, mein Vater hatte schon Monate vor der Stromrechnung Angst. Ich ziehe aber bald aus. Früher hat man noch gespart, wenn man in eine WG gezogen ist, mittlerweile sind die WG-Preise aber auch schon hoch. Ich arbeite zwar 20 Stunden neben meinem Studium, es fehlt aber trotzdem Geld, meine Eltern werden mir helfen müssen.

Wie bewertest du die bisherigen Maßnahmen der Regierung gegen die Teuerung? Man kann etwa seit kurzem um den Wiener Wohnungsbonus ansuchen.

Kathrin: Ich bin da etwas toxisch optimistisch, es ist besser als gar nichts. Sicher könnte man uns mehr unter die Arme greifen, aber ich nehme, was ich kriegen kann.

Fana: Absolut ausbaufähig. Sie sind ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Anna Laura: Ich finde die Maßnahmen sogar ein bisschen beleidigend. Es ist manchen Leuten in Regierungspositionen nicht bewusst, wie sehr manche Menschen kämpfen. Das kann existenzbedrohlich sein. Da bringen mir die 200 Euro vom Staat auch nicht viel, die können sie sich gleich behalten.

Aleyna: Meiner Meinung nach reichen die Maßnahmen, sie helfen gut.

Toni: Das, was für die Wählerschaft gut wäre, ist nicht das, was auch wirklich umgesetzt wird. Für mich ist die Leistung leider in keinster Weise genug. Es gibt aber gute Ambitionen von verschiedenen Seiten, um Änderungen in die Wege zu leiten.

Stefan: Ich finde den Wohnungsbonus ganz gut, ich habe ihn auch schon nach zwei Tagen bekommen. Für WGs oder Haushalte ohne Einkommen müsste man das aber anders regeln, wir mussten uns das Geld aufteilen. Sonst bekomme ich kaum mit, dass an der aktuellen Situation gearbeitet wird.

Kai: Mit 20h Arbeit die Woche verdiene ich nicht genug Geld, um meine Miete und meine Einkäufe allein zu zahlen. Ich habe noch das Glück, dass mir meine Eltern ein bisschen helfen können – das ist nicht bei allen so. Wenn ich noch mehr arbeiten müsste, würde mir gar keine Zeit fürs Studieren bleiben!

Konntest du dir dieses Jahr einen Urlaub leisten?

Kathrin: Nein, weil ich gerade für mein Auslandssemester Geld sparen muss.

Aleyna: (Schmunzelt) Ja, ich bin gerade aus dem Urlaub zurückgekommen. Ich arbeite sehr viel, aber wenn ich alles mache, geht sich das noch aus.

Toni: Wenn ich fahren wollen würde, könnte ich es machen. Aber für einen Luxusurlaub müsste ich auf jeden Fall deutlich mehr arbeiten.

Fana: Ich war im Urlaub, aber es war schwer.

Anna Laura: Für mich auch, es ging mit Schulden einher.

Stefan: Ich war zwar auf Urlaub, das ist sich finanziell aber nur ausgegangen, weil wir auf einen Camping-Urlaub gefahren sind. Und selbst das war teurer, als ich mir erwartet habe.

Kai: Nein, ich fahre nicht in den Urlaub, das geht sich bei momentan einfach nicht aus. Mein Sommer ist vor allem auf die Arbeit fokussiert, und auch während meinen Urlaubstagen werde ich hierbleiben müssen.

 

Ein Ansuchen auf den Wiener Wohnungsbonus kann noch bis 30. September 2023 gestellt werden. Mehr Infos unter: https://www.stadt-wien.at/wien/news/teuerungspaket.html

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