Mütter, die keine sein wollen

14. Juli 2015

mutter und kind

Mutter, Kind, Vintage,
Wilfried Glienke / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

Frauen aus allen Ländern melden sich unter dem Hashtag #regrettingmotherhood öffentlich zu Wort – einige von ihnen erleichtert darüber, sich ihren Gedankenballast von der Seele zu schreiben, andere zutiefst empört über diese verlautbarten Geständnisse.


Alles begann mit der israelischen Soziologin Orna Donath, die mit ihrer Studie „regretting motherhood“ unlängst eine weltweite Debatte über das Thema Mutterschaft und damit verbundene Zweifel ausgelöst hat. Es sind Geständnisse von jungen Müttern, aber auch solcher, die nach langjähriger Mutterschaft immer noch der Meinung sind, ihr Leben wäre, vor der Geburt ihrer Kinder, ein erfüllteres gewesen. Zugegeben, meine erste Reaktion auf diese Hashtag-Flut war zwiespältiger Natur. Nachdem ich mich jedoch näher mit all den individuellen Geschichten und Meinungen beschäftigt hatte, begann ich über mich selbst und meine Mutter nachzudenken.


Sie bekam im Alter von 22 ihr erstes, mit 29 ihr zweites Kind. Bei keiner von beiden Schwangerschaften wurden ihr mehr als 3 Monate Karenz zugesprochen, noch hat sie ihr Arbeitspensum von 100% bis heute je verringert. Nach unserer Ankunft aus Slowenien in Österreich begann sie Vollzeit zu arbeiten - parallel dazu, musste sie ihr Krankenschwesterndiplom erneut absolvieren, da ihres in Österreich nicht anerkannt wurde.

So habe ich meine ersten 3 Jahre in Österreich als sehr aufregend in Erinnerung: Morgens darauf warten bis Mama aus dem Nachtdienst kommt, mit Mama im Zug nach Kärnten fahren, mit Mama im Klassenzimmer sitzen und mächtig stolz darauf sein, schon in die Schule gehen zu dürfen. Mit Mama abends wieder zurückfahren und sich wehmütig von ihr verabschieden, wenn sie wieder in den Nachtdienst musste. Hatte sie an manchen Tagen frei, so wurde morgens die Wohnung geputzt, mittags Hausübungen und danach Fahrradtouren mit uns Kindern gemacht und abends wieder gelernt.


Fakt ist, ihr Leben wäre einfacher verlaufen, hätte sie keine Kinder gehabt. Hätte sie, zusammen mit meinem Vater, nicht zwei Kinder mit Nahrung, Bildung aber auch mit Liebe versorgen müssen. Und trotzdem bereut sie aus heutiger Sicht nichts – ganz im Gegenteil, sagt sie, ihr Antrieb im Leben voranzukommen, wären immer ihre Kinder gewesen - über Scheitern habe sie nicht nachgedacht. Wie diese Zeit jedoch für meine Mutter war, ist kaum auszudenken. Wie ein solches Leben für jemanden überhaupt zu meistern ist, ohne psychisch zu entgleiten, ist mir schleierhaft.


Ich bin 24 Jahre alt. Blicke ich nun in meine eigene Zukunft, dann bin ich mir, trotz meiner viel besseren Ausgangslage, tatsächlich unsicher darüber, ob ich stark genug bin, eine solche Bürde und Verantwortung tragen zu können– und sollte ich das nicht, dann graut es mir jetzt schon vor der Kritik, die ich als künftige Mutter ernten werde.

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