Playerin zweiter Klasse

08. September 2022

Ich zocke relativ viel, würden manche sagen. Nach der Arbeit noch ein bisschen entspannen mit Skyrim oder The Sims ist für mich normal. Am Wochenende spiele ich auch mal den ganzen Tag. Und obwohl ich so gerne spiele, traue ich mich nicht über den Singleplayermodus hinweg. Alles, was den Kontakt zu fremden Personen betrifft, beängstigt mich. Der Grund dafür: Die Gamingszene ist echt sexistisch. Als Frau* muss man sich zweimal überlegen, ob man bei Multiplayer-Games, bei denen die Teammitglieder durch Zufall zusammengesteckt werden, per Sprachchat mit wildfremden Mitspieler*innen kommunizieren will. Denn durch die weibliche Stimme verrät man sich sofort. Oft reicht es auch schon, einen weiblich klingenwden Usernamen zu tragen, und schon wird man anders behandelt. Deswegen bleiben Voicechat, Chatfunktionen und weibliche Charaktere und Namen oft weg. Denn es ist schlichtweg normal, aufgrund des Geschlechts beleidigt oder sexualisiert zu werden.

ZEIG MAL BRÜSTE!

Kommentare wie „Zeig mal Brüste“, „Geh in die Küche“, oder dass man hier als Frau* nichts verloren habe, sind Standardsprüche. Man hört auch viel zu oft, dass Frauen natürlicherweise schlechter in kompetitiven Games wie Shootern sind. Versteht mich nicht falsch, die GamingCommunity ist zu jeder*m toxisch. Beim Zocken kann sich immer der Ton verändern, auch bei Einzelspieler*innen. In brenzligen Situationen schreit der*die ruhigste Spieler*in auch einmal den*die beste*n Freund*in an. Zu einem gewissen Grad macht das auch Sinn: Steckt man mit ganzem Herzblut drinnen, kann das Verlieren frustrieren. Hängt das dann noch (vermeintlich) von Mitspieler*innen ab, verstärkt das die Wut aufeinander, vor allem bei Fremden. Ein Stückchen Klischee spielt natürlich auch mit hinein: Besonders schlechte Spieler*innen beleidigen öfter, um sich selbst besser zu fühlen. Gute Spieler*innen haben das oftmals nicht nötig. Ähnlich ist es beim Sexismus. Studien lieferten Ergebnisse dahingehend, dass schlechte Spieler* ihre eigene Leistung damit kompensieren, weibliche Spielerinnen* runterzumachen. Vor allem jene, die besser spielen als sie. Auch sexualisieren männliche Spieler* weibliche Mitspielerinnen* besonders dann, wenn andere Männer* dabei sind, um die eigene Heterosexualität hervorzustreichen. Denn das ist männlich und somit gut. Ich finde es unfair, schon von Haus aus als Player zweiter Klasse angesehen zu werden. Ist es wirklich zu viel verlangt, nicht auch noch beim Zocken auf das (wahrgenommene) Geschlecht reduziert zu werden? Es ist wirklich schade, dass Frauen* entweder gar nicht erst mit dem Zocken beginnen oder durch neutrale Usernamen und stummgestellte Chats dem Sexismus ausweichen müssen. Außerdem gibt es wissenschaftlich keine Beweise dafür, dass Frauen* grundsätzlich schlechter spielen, nur mal zur Klarstellung. Das, was es gibt, sind Vorurteile von männlichen Spielern* über die Leistungsfähigkeit von Frauen*. Aber sowas kennen wir ja nicht nur aus dem Gaming, oder?

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