Was würdest du tun, wenn du morgen auf einen Rave eingeladen wirst?

03. März 2021

Momentan fühlen sich viele Menschen in der Auslebung ihrer Jugend eingeschränkt, aber wie sollte man als Person Mitte 20 reagieren, wenn man mitten der Pandemie zu einer Freiluftveranstaltung mit ca. 50 Menschenseelen eingeladen wird?

Kurz vor 22 Uhr bekomme ich eine Nachricht auf Instagram „Hanna, schau dir diese Story an, am Karlsplatz feiern gerade Menschen draußen, hast du Lust?“. Dieses Angebot ist nur zu verlockend, seit dem Sommer habe ich keine Veranstaltung besucht, die von mehr als 10 Leuten besucht wurde. Ich vermisse den Kontakt zu Menschen, ich vermisse die Menschenmenge. Gerade als ich, ohne Corona sofort im Blick zu haben, zusagen wollte, schoss es mir durch den Kopf – Es ist noch immer Lockdown. Die Tatsache, dass ich überhaupt kurz mit dem Gedanken gespielt habe das Risiko einzugehen von der Polizei erwischt zu werden und dann noch Bußgeld zu zahlen, hat mich ehrlich gesagt sehr erstaunt. Seit den Anschuldigungen seitens der Regierung im Sommer, dass „Heimrückkehrer:innen“ die hauptsächliche Schuld für die Virusverbreitung tragen, habe ich mich permanent an alle Maßnahmen so gut es ging gehalten. Seit mehr als einem Jahr habe ich meine Familie in Bosnien nicht gesehen. Ich wollte nicht der Grund sein, dass wegen mir Menschen, die der Risikogruppe angehören, sterben. Ich wollte nicht der Grund sein, wieso Migrant:innen in Österreich wegen der Coronapandemie medial und auch von der Regierung diskriminiert werden.

Die einen sitzen auf einer Yacht, die anderen im Schlauchboot

Vielen Menschen mit Migrationshintergrund in meinem Umfeld geht es genauso, wenn nicht schlimmer. Man fühlt sich, als ob man unter ständiger Beobachtung stehen würde. Alleine der Vorfall im Winter, als Menschen aus dem 10. Wiener Bezirk am Semmering getrackt wurden, hat deutlich gezeigt, dass Migrant:innen den Kürzeren ziehen. Wir ziehen nicht am selben Strang wie beispielweise Tiroler Hoteliers, die sich im Lockdown einen Südafrikaurlaub gönnen können. Wir sitzen nicht im selben Boot wie zahlreiche Skitouris, die natürlich das Recht haben ihre Wintermonate auf Skigebiete zu verbringen, die, wenn ich nochmal erinnern darf, die ersten Hotspots für den Ausbruch der Coronapandemie in Österreich waren.

Das gleiche Theater hat ja auch im Sommer stattgefunden, die migrantischen "Heimrückkehrer:innen" schleppen den Virus nach Österreich ein, aber den Italienurlaub, ein Gebiet, dass noch immer mit hohen Infektionszahlen zu kämpfen hat, darf man sich ja auch während einer weltweiten Pandemie leisten… irgendwer muss ja für die europäische Tourismusbranche aufkommen.

Ganz anders schaut es auch nicht bezüglich Feiern aus, Raves wurden ungestört besucht, aber kleine Get-togethers in Ottakring oder in Favoriten zwischen Migrant:innen müssen aufgelöst werden. Um Himmelswillen, ja keine türkische Hochzeit zu Zeiten der Pandemie, aber Gastgärten und Clubs müssen für eine nächtliche Fete schon bis zur maximalen Gästeanzahl befüllt sein.

Auch wenn es mein und natürlich von unzähligen Anderen der sehnlichste Wunsch ist, mal wieder nach so langer Zeit die Tanzfläche zu betreten, sollte man sich all diese Einzelvorfälle in das Bewusstsein rufen. Es geht hier nicht um richtig oder falsch, es geht hier in erster Linie um die Risikogruppen, um Leute, deren Leben aufs Spiel gesetzt werden durch Nicht-Befolgung der Maßnahmen. Außerdem geht es noch dazu um Solidarität den Menschen zu zeigen, die seit Anfang der Pandemie als Sündenböcke, ohne feste Gründe und Beweise, abgestempelt wurden zu zeigen.

Deshalb bleiben wir doch noch ein wenig länger zuhause, treffen uns weiterhin per Zoom und halten einfach die Maßnahmen ein, damit wir dann schon in naher Zukunft alle unser Tanzbein schwingen können.     

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