Weil Cousinen wie Schwestern sind

20. April 2016

Wenn Leute mich fragen, ob ich Geschwister habe, und ich die Frage mit „Ja, ich hab einen großen Bruder“ beantworte, wird mir ab und zu ein bemitleidender Blick zugeworfen. „Schade, mit einer Schwester wär das Leben viel besser.“ Bitch please, ich brauche keine Schwestern, ich habe Cousinen. 


Natürlich kann man seine besten Freunde auch als Geschwister sehen, wenn man sie lange genug kennt und viel mit ihnen erlebt hat. Trotzdem ist es mit Cousinen ein bisschen anders.


Cliquen und Bitch-Fights
Eine große Familie ist wie eine Schule. Es gibt die Lehrer, also die Älteren, und die Schüler, logischerweise alle jungen Leute. Die jüngeren Leute neigen dazu, „Cliquen“ zu bilden. Es gibt meistens 3-5 Cousinen, die, egal wo sie sind, immer zusammen zu sehen sind. Sie kleben aneinander wie Kaugummis oder aber auch wie Schwestern. Man bildet eine Einheit und wenn eine aus der Gruppe einen Bitch-Fight mit einem Mädchen aus der anderen Gruppe hat, müssen sie alle haten  #therules. Auch die ältere Generation hat Cliquen. Bei Familienfesten ist das ganz deutlich zu erkennen. Man setzt sich auch im höheren Alter sofort zu seiner „alten Gang“ und lacht über die alten Zeiten. 


Wenn es Drama in der Familie gibt, verbreitet sich das meistens wie ein Lauffeuer. Mit seinem Bruder über die neusten Familien-Geschichten zu reden, ist meistens etwas langweilig. Meistens bekommt man nur ein „Keine Ahnung, mir egal“, zu hören. Cousinen sind da schon die bessere Anlaufstelle. Man kann sich über Dinge aufregen und sich austauschen, also die Dinge tun, die man mit der Schwester machen würde. Natürlich kann man familienbezogene Themen auch mit Freundinnen besprechen, die kennen die einzelnen Familienmitglieder meistens nicht und können daher nicht viel dazu sagen. 

Age doesn‘t matter
Wie bei Schwestern ist der Altersunterschied hier vollkommen egal. Da man sich so lange und gut kennt, hat man immer Themen, über die man sich austauschen kann. Ich bin zum Beispiel mit zwei Cousinen aufgewachsen, die beide fünf Jahre älter sind. Meine Freundinnen sind alle in meinem Alter. Innerhalb der Familie ist das irrelevant. Ich bin als Kind ständig mit meinen älteren Cousinen unterwegs gewesen, sie haben mich immer mitgenommen und ich habe alles mitbekommen. Boyfriend-Dramen oder Streitigkeiten mit Freudinnen, ich wurde nie von ihnen ausgegrenzt. Heute fragen sie mich sogar sehr oft um Rat. Man wird nicht weniger ernst genommen, nur weil man jünger ist.

Die fantastischen Sommer „in der alten Heimat“
Ich würde nie nach Mazedonien fahren, wenn ich wüsste, dass meine Cousinen nicht kommen würden. Eine Schwester habe ich ja nicht. Dort hatte ich auch nie die Zeit, um viele Freundschaften zu schließen. Die Internetverbindung suckt meistens und  3 Wochen lang im Haus bleiben ist so oder so keine Option. „Zum Glück habe ich meine Cousinen“, denke ich mir immer vor dem Sommer.  Sie fahren nämlich auch immer zur selben Zeit „runter“. Das macht die Sommer immer schöner. Man ist praktisch nie alleine. Cousinen verbringen den ganzen Tag in deinem Haus, sie übernachten meistens auch dort. Man macht sich gemeinsam fertig für die Abende, man borgt sich alle möglichen Klamotten aus und merkt sich peinliche und lustige Sommergeschichten, mit denen man sie tatsächlich ein Leben lang ärgern kann. Auch die langweiligsten Familienfeste werden allein durch ihre Anwesenheit aufgepeppt. Es gibt immer etwas zu erzählen und die fancy Fotos, die gemacht werden, können gleich ins Familienalbum.

Schamgefühl? Fehlanzeige !
Bei einer Cousine zu Hause zu sein ist so, als wäre man in den eigenen vier Wänden. Wenn man Hunger hat, geht man zum Kühlschrank. Wenn man ins Internet will, macht man den Computer an. Man öffnet Schubladen und checkt die Sachen darin ab. Wenn etwas im Fernsehen läuft, das man nicht sehen will, schaltet man einfach um und versteckt dann die Fernbedienung. Auch wenn die Eltern da sind, muss man sich nicht plötzlich aufrichten, wenn sie das Zimmer betreten. Man kann rumgammeln und mit den Füßen an der Wand auf dem Sofa liegen bleiben. Diese Leute kennen einen seit der Geburt, daher kann man sich wie zu Hause benehmen. Sie kennen die peinlichsten Kindergeschichten und sorgen dafür, dass man sie selbst auch nicht vergisst. Tanten sind auch oft wie die zweite Mutter und helfen gerne, wenn die eigene Mutter mal nicht da ist. 

Ich bin wirklich froh, dass mir das Leben Cousinen geschenkt hat. Sie sind bei weitem nicht „nur Freudinnen“ für mich. Sie haben mich so geprägt, wie es wahrscheinlich nur eine Schwester könnte. 
 
 

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