Wenn sich Landesvertreter aufführen wie bockige Kinder

02. Februar 2023

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Foto: Screenshot Twitter @puls24news

Die meisten werden die Sendung „Pro und Contra“ vom 31.01.2023 auf Puls24 oder zumindest die Reaktionen darauf in den sozialen Medien gesehen haben. Zu Gast war unter anderem Gottfried Waldhäusl, Landesrat von Niederösterreich der FPÖ, der mit seinen Aussagen polarisierte.

Die Aufregung nach der „Pro und Contra“-Diskussion ist groß, nachdem wir fünf erwachsenen Menschen, die teilweise für die Regierung eines Landes zuständig sind, beim Streiten zu sehen durften. Besonders Herr Waldhäusl und seine Aussagen haben für große Unruhe in der Bevölkerung Österreichs gesorgt.

Österreich eine Festung – der Traum der FPÖ

Ganz in der Manier von Ex-US-Präsident Donald Trump, der eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen wollte, hätte die FPÖ gerne eine Mauer oder einen Zaun rund um die EU, sodass ja niemand hereinkann. Mich verwundert, dass es bei diesem Wahlprogramm nicht einen genau so großen Aufschrei in der gesamten EU gab, wie es damals bei Trump der Fall war. Das ist mir vor allem in Gesprächen mit Deutschen aufgefallen. Was? Trump will eine Mauer zu Mexiko bauen? Das geht ja gar nicht! Versus: Die FPÖ will aus Österreich eine Festung machen? Ja, mei. In Österreich gibt’s halt viele Nazis. Warum wird das von so vielen mit einem Achselzucken hingenommen?

Ein Glück gibt es kluge Schüler:innen in Österreich, die genau die richtigen Fragen stellen. Ein junges Mädchen, das mit seiner Schulklasse im Publikum saß, fragte Herrn Waldhäusl nämlich: "Wenn Sie Ihre Maßnahmen schon vor Jahren durchgeführt hätten, würde die Hälfte dieser Klasse das Gymnasium in Wien heute nicht besuchen. Was sagen Sie dazu?" Der FPÖler antwortete trocken mit einem einzigen Satz: „Dann wäre Wien noch Wien“.

Wie respektlos möchtest du gegenüber den Bürger:innen deines eigenen Landes sein? Waldhäusl: Ja!

Diese Kinder, denen er diese Aussagen gegenüber tätigt, sind Wiener:innen. Ebenso wie es ihre Eltern sind, da sie hier leben und arbeiten und das teilweise schon seit Jahrzehnten oder sogar Generationen. Genau diese Kinder werden seine Rente finanzieren. Genau diese Eltern zahlen die Steuern, von denen sein Gehalt finanziert wird. Im Durchschnitt des Jahres 2021 lebten laut Statistik Austria rund 2,24 Millionen Personen (25,4 % der Gesamtbevölkerung) mit Migrationshintergrund in Österreich. Soll nun ein Viertel der Bevölkerung das Land verlassen? Wie sollte ohne sie, Wien überhaupt Wien sein?

Ich möchte mich bei diesem Mädchen bedanken, denn hätte sie diese Frage nicht gestellt, hätten die Aussagen und Verhaltensweisen von Waldhäusl vielleicht nicht so derartig große Wellen in den sozialen Medien geschlagen. Dank dieser rassistischen, menschenverachtenden und ekelhaften Aussage haben wir den Aufschrei, den ich mir bei so einer Politik wünsche.

Peinlicher und anstrengender geht’s kaum

Als wäre diese Aussage, die gegen Ende der Sendung getätigt wurde, noch nicht schlimm genug, musste ich leider feststellen, dass eine sachliche Diskussion mit Herrn Waldhäusl so oder so nicht möglich ist. Er fühlte sich durch kleine Unterbrechungen oder Sticheleien in seine Richtung so angegriffen, dass er sexistisch wurde und zudem die erzieherischen Fähigkeiten der Eltern eines seiner Diskussionspartner anzweifelte. Auf Unterbrechungen seiner Diskussionspartner:innen reagierte er nämlich mit Sätzen wie „Ich hab gedacht, dass Frauen höflich sind. Sie beweisen grade das Gegenteil davon“ oder „Haben Sie denn keine Kinderstube genossen?“. Meiner Meinung nach sind derartige Aussagen ein Armutszeugnis, da es sinnfreie Beleidigungen sind und nichts in einer sachlichen Diskussion, die auf Augenhöhe geschehen sollte, zu suchen haben.

Wenn nun wirklich immer nur Herr Waldhäusl unterbrochen worden wäre, könnte man eine gewisse Frustration dahingehend durchaus nachvollziehen, doch das war in dieser Sendung überhaupt nicht der Fall. Alle fünf Gäste inklusive Moderatorin unterbrachen permanent, versuchten sich durch Lautstärke Gehör zu verschaffen und schaukelten sich gegenseitig hoch. Es war so anstrengend anzuschauen, dass ich das Bedürfnis hatte den Schweigefuchs zu machen, wie es meine Lehrerin in der Grundschule manchmal tat.

Aber Mama, die hat mich zuerst gehauen!

Die eigentliche Frage, mit der die Diskussion startete, lautete: „Hat die FPÖ die besseren Rezepte in Bezug auf die Migrationspolitik?“ Auf diese Frage wurde erst nach über einer halben Stunde Sendezeit eingegangen. Vorher wurde über Zahlen gezankt, von denen jeder glaubt, er habe die richtigen. Waldhäusl hat sogar seine eigenen Blätter mitgebracht, weigert sich jedoch diese seinem Diskussionspartner zum Lesen zu geben, er solle sich schließlich „seine Unterlagen selbst mitnehmen“.  So funktioniert es also in der Politik? À la „Meine Informationen sind die richtigen, aber zeigen werde ich sie dir nicht“? Wenn ja, dann sehe ich für uns alle schwarz.

Ewa Ernst-Dziedzic von den Grünen bezeichnete Waldhäusl und die gesamte FPÖ als Brandstifter, woraufhin er sie als nicht ernstzunehmend betitelte. Hier schritt nun die Moderatorin ein und bemühte sich um gegenseitigen Respekt. Mit herumfuchtelndem Zeigefinger schimpfte Waldhäusl: “Wenn Sie nicht einschreiten, wenn mich jemand Brandstifter nennt, dann ist es mein Recht zu sagen, dass dieser Mensch nicht ernst zu nehmen ist.” Klingt für mich ganz klar nach der „Aber Mama, die hat mich zuerst gehauen!“-Logik.

Warum darf jemand wie Waldhäusl noch ein Land vertreten?

Wir haben in Österreich also Politiker, die unfähig sind zu diskutieren, nicht zuhören und öffentlich rassistische Aussagen tätigen und weiterhin als Landesvertreter arbeiten dürfen. In der Arbeitswelt sind rassistische Aussagen ein Kündigungsgrund, wieso nicht auch in der Politik?

Wenn sich der normale Bürger so verhalten würde, wie es leider sehr viele Politiker:innen tun, wäre er schon lange gefeuert worden. Rassismus, Betrug, Korruption und mehr stehen bei mancher unser Landesvertreter an der Tagesordnung und das darf nicht sein. Wir dürfen derartiges nicht mehr mit einem Achselzucken hinnehmen und „so ist das halt in der österreichischen Politik“ denken. Wir müssen laut werden und Druck machen, damit sich etwas verändert. Die junge Schülerin hat mit ihrer Frage den Anfang gemacht, wir müssen weitermachen.

 

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