Arzt verweigert Behandlung von „Asylanten“

14. Januar 2016

„Asylanten werden von diesem Arzt nicht behandelt“ entdecke ich in meinem Facebook-Feed. Ich werde stutzig: Moment mal, wie bitte?

Zu lesen ist ein öffentliches Statement von dem Wiener Arzt Thomas U., der „in aller Deutlichkeit erklärt, dass er in seiner Kassenordination keine Asylanten behandle.“

Hier sein Statement (unlektoriert):

„Ich habe heute in aller Deutlichkeit klargemacht, dass ich in meiner Kassrnordination keine Asylanten behandle.
Dazu stehe ich.
Die Gründe wie folgt:es ist unmöglich zu Menschen,die ihre Herkunft grossteils verschleiern, von den staatlichen Institutionen nicht administrierbar sind,ihre Identität grossteils nicht erlebbar ist,ueber ihren Leumund keine Klarheit besteht, ein Vertrauensverhaeltnis zu schaffen,dass einen Behandlungsvertrag ermöglichen wuerde.
Was meine Stellungnahme betreffs rot,schwarz grüner Politiker betrifft gilt wie folgt :ich werde keinen Behandlungsvertrag mit Menschen abschließen, die nachhaltig und gewerbsmäßig das Vertrauen ihrer Wähler und des österreichischen Volkes missbrauchen und mit Fuessen treten.
Dies gilt im gleichen Masse für die Meisten Vertreter der österreichischen Aerztekammer.
Ich spreche ihr aufgrund der Tätigkeit der letzten Jahrzehnte die moralische Kompetenz ab,den Arzt und den ärztlichen Berufsstand zu vertreten.
Dies ist meine unumstoessliche Überzeugung und durch NICHTS abaenderbar.
Ich werde jederzeit den mir seit Jahrzehnten von mir betreuten Patienten nach wie vor zur Verfügung stehen und Ihnen für meinen Faehigkeiten adäquate Entlohnung als Arzt Rat und Hilfe zukommen lassen.
Ich fühle mich in erster Linie dem österreichischen Volk Verpflichtet und es sehe es als moralische Verpflichtung dieses Oesterreich den Oesterreichern in meinem Kompetenzbereich als lebenswert zu erhalten und zu schützen, unabhängig der politischen Windrichtung.“


Zunächst: Wieso macht dieser Doktor so furchtbar viele Rechtschreibfehler? Ich war mir irgendwie sicher, dass Ärzte keine bzw. nur wenige Fehler beim Schreiben machen. Ich kriege beim Lesen dieser Feststellung aber nicht nur aufgrund der Rechtschreibpatzer üble Bauchschmerzen.

Denn auch wenn Herr U. überzeugt niedergetippt hat, warum er Flüchtlinge nicht behandeln will, ergibt das Ganze keinen Sinn. Dass ein Arzt Menschen die Behandlung und Hilfe verwehrt und sie abwertend als „Asylanten“ bezeichnet, ist eigentlich kaum zu glauben. Warum ist er denn Arzt geworden? Ach ja, das ist ja weiter unten nachzulesen. Er fühlt sich nämlich in erster Linie dem österreichischen Volk verpflichtet. Wie nett, dass er als Anhängsel noch „unabhängig der politischen Windrichtung“ hinzufügt. Für mich klingt das nämlich alles andere als politisch unabhängig. Unter dem Posting der FB-Gruppe stellt ein User die berechtigte Frage: "Was hat der Leumund mit medizinischer Versorgung zu tun? Sinngemäß verarztet er auch keine Häftlinge.“

Kann man sich Patienten nach ihrer Herkunft "aussuchen"?

Der Arzt selbst erhält auf seinem Profil positives Feedback. „Chapeau und weiter so, Thomas!“, „Der Arzt hat wahrlich Rückgrat“ oder „Meine Hochachtung“ findet man hier. Mir wird übel. Haben Ärzte nicht eine Art „Schwur“ abgelegt? Gibt es nicht gewisse Grundsätze, an die sich Doktoren zu halten haben? Ist es für Ärzte gesetzlich gestattet, Patienten nach ihrer Herkunft „auszusuchen“? Hat ein Österreicher mehr Recht auf ärztliche Hilfe als ein Flüchtling? Darf sich Herr U. einfach nach seiner politischen Gesinnung richten und Menschen deswegen den Eintritt in seine Kassenordination verweigern?

Fragen über Fragen, die ich beantwortet haben will. Auf Anfrage erklärt mir die Wiener Ärztekammer, dass sie diese Angelegenheit schon an die österreichische Ärztekammer weitergeleitet haben, „weil sie dieses Statement nicht für korrekt empfunden haben.“ Das weitere Verfahren liegt in den Händen der österreichischen Ärztekammer. Deren Rechtsabteilung erklärt mir, dass eine Disziplinanzeige gegen Doktor U., läuft, weswegen sie sich derzeit nicht dazu äußern können. Geprüft wird, ob Thomas U. mit seinem Statement gegen seine Berufspflichten verstößt. Grundsätzlich gilt aber: Wenn es um die medizinische Betreuung geht, ist nicht zwischen Österreicher und Flüchtling zu unterscheiden.
 

Wie auch immer das Verfahren laufen wird, Ärzte sind da, um Leben zu retten, um Menschen zu helfen und ihnen medizinisch beizustehen. So sehr sich Herr U. dem „österreichischen Volk verpflichtet fühlt“, so sehr sollte er seine Fähigkeiten nutzen, um Menschen zu helfen - völlig egal, wo ihre Wurzeln liegen.

 

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