Wieso hängt die super rechte "Zur Zeit" in meiner Straße?

03. Dezember 2016

Es hätte ein ganz normaler Samstagnachmittag sein können, an dem ich meine Einkäufe erledige und den sonnigen Tag genieße. Stattdessen entdecke ich auf dem Weg zum Supermarkt, der etwa 500 Meter ausmacht, drei Selbstbedienungstaschen mit der „Zur Zeit“.

Die rechtskonservative und deutschnationale Wochenzeitung wurde seit ihrer Gründung öfters für antisemitische und rassistische Äußerungen kritisiert. Herausgeber ist Ex-FPÖ-Politiker Andreas Mölzer. Wem der Name Mölzer im ersten Moment nichts sagt: Der ehemalige Spitzenkandidat der FPÖ für die EU-Wahl verglich die EU 2014 mit dem „Dritten Reich“. Zudem meinte er, die EU müsse sich fragen, ob sie ein „Negerkonglomerat“ sei, beherrscht von einer „Bande von Lobbyisten“. Danach zwang die FPÖ-Spitze ihn zum völligen Rückzug. Aber auch schon 1992 sorgt er für Wirbel. Vor dem Freiheitichen Akademikerverband befürchtete er, dass sich in Deutschland und Österreich eine "Umvolkung" anbahne. Der Österreichische Presserat hat die „Zur Zeit“ wegen Pauschalverunglimpfung und Diskriminierung verurteilt, nachdem diese 2015 für ein Bild mit Kindergartenkindern, auf dem unter anderem auch ein schwarzes Kind zu sehen war, den Bildtext: "Die rassistische Durchmischung ist unübersehbar" verwendet hat. Sowohl der Begriff "Umvolkung" als auch "rassistische Durchmischung" sind Sprachbilder, die im Nationalsozialismus wurzeln. Auch eine interessante Info: Die Wochenzeitung hat allein im Jahr 2015 50.000 Euro Presseförderung kassiert.

Dürfen sie das?

In meinem Kopf rattert es. Haben sie eine Genehmigung für die Taschen? Wie erreiche ich an einem Samstagnachmittag die zuständige Behörde, die mir diese Information geben kann? Auf den Zeitungsständern gibt es keinerlei Infos über den Vertrieb. Ich frage bei der Zeitung selbst an. Bisher bleibt meine Frage, ob sie von den Taschen wissen und ob sie eine Genehmigung haben, unbeantwortet. Während ich grüble, lächelt mir der freiheitliche Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer entgegen. Die Schlagzeile lautet „Einer von uns!“

Es ist zwar keine Überraschung, dass einen Tag vor der Wahl noch alle Register gezogen werden. Trotzdem wundere ich mich. Der Wahlkampf ist doch mit den beiden gestrigen Abschlussveranstaltungen beendet? Was wollen sie mit den Taschen jetzt noch erreichen? Besonders bitter dabei ist, dass der Platz hinter der Wiener Zeitung der ist, den wir mit unserem biber-Magazin mit Bewilligung einnehmen, wenn wir aufhängen. Ein ziemlich makaberer Zufall, wenn ihr mich fragt.

Mein nächster Schritt

Ich bin so neugierig, was mich in dieser Ausgabe erwartet, dass ich für meinen Freundeskreis und mich gleich ein paar mitnehme. Nach intensiver Lektüre entsorgen wir die „Zur Zeit“ im Papiermüll, so wie es pflichtbewusste BürgerInnen tun würden. Wenn ihr also auch so eine neugierige Nase wie ich seid, schnappt euch ein paar Freunde und nehmt möglichst viele Ausgaben mit, blättert sie durch und entsorgt sie danach mit bestem Gewissen.

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