"Woher kommst du?"

18. August 2015

Ständig wird mir diese Frage gestellt. Uni-Professoren, Studienkollegen, neue Bekanntschaften, ja sogar der Kebabverkäufer will wissen, woher ich komme. Wieso eigentlich? Wieso wird mir diese Frage immer wieder gestellt?

Zugegeben, "typisch österreichisch" sehe ich nicht aus. Kopftuchträgerin, dunkle Augen und alles andere, was so den typischen „Nicht-Österreicher“  ausmacht. Trotzdem bin ich ziemlich genervt, denn mal ehrlich: Wer ist denn der "typische Österreicher" und wie sieht er aus? Warum interessiert es die Menschen so sehr, woher ich komme? Ich beherrsche die deutsche Sprache ziemlich gut und spreche akzentfrei. Das sollte doch reichen, um als integriert zu gelten und um als „Österreicher“ durchzugehen, oder etwa nicht? Das behaupten zumindest einige Politiker.

Doch anscheinend reicht es doch nicht, „nur“ die deutsche Sprache zu können. Wenn ihr es wirklich so genau wissen wollt, bitteschön: Ich bin in Wien geboren, wobei meine Eltern ägyptische Wurzeln haben. Der Herkunft meiner Eltern zu verdanken, bin ich mit zwei Sprachen - Arabisch und Deutsch - aufgewachsen. Mit meinen Eltern spreche ich Arabisch, mit meinen Geschwistern kommuniziere ich auf Deutsch.

Manche würden jetzt vielleicht meinen, ich sei Ägypterin, wo doch auch meine Eltern aus Ägypten stammen. Naja, so einfach ist das nun mal nicht. Ich habe nie in Ägypten gelebt, mache dort nur Urlaub und habe mein gesamtes Leben in Österreich verbracht. Ich sehe zwar aus wie eine Ägypterin, fühle mich aber nicht so. Deswegen durchlebe ich gerade eine kleine Identitätskrise, wenn ich ehrlich sein darf. Ich stecke zwischen zwei Welten, aber das ist eine andere Geschichte.

Aber wisst ihr, ich glaube, man muss eigentlich gar nicht richtig definieren können, "was" man ist. Vor allem als Kind mit Migrationshintergrund ist das nämlich schwierig zu sagen. Ich finde es unfair und vor allem unüberlegt, wenn Rassisten meinen, wir Migranten sollen zurück in unsere Heimat. Was kann ich denn dafür, dass mein Vater vor 30 Jahren entschieden hat, nach Österreich zu ziehen? Hätte ich als Baby im Bauch meiner Mutter klopfen und ihr klarmachen sollen, dass sie mich bitte in Ägypten und nicht in Österreich gebären soll? Wohl kaum. Und so bin ich nun mal in Österreich und habe mein Leben hier verbracht. 

Keiner kann mir einreden, Österreich sei nicht meine Heimat. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass sich jeder Einzelne bewusst wird, wo er sich wie Zuhause fühlt. Für mich stellt Österreich meine Heimat dar, auch wenn ich nicht wie eine „Einheimische“ aussehe. Also, eine Bitte an alle: Hört auf zu fragen, woher ich komme. Manchmal weiß ich das selber nicht so genau.

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