Der Endsieg des Neoliberalismus

04. September 2014

Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Viele Arbeitnehmer befinden sich in einer prekären Lage. Ein sicherer Job in jungen Jahren ist etwas Exotisches. Und immer wieder müssen wir die Schulden von Pleitebanken begleichen. Trotzdem gibt es kein Widerstand. Denn der Neoliberalismus hat uns dazu unfähig gemacht.

Kurz und einfach definiert: Im Neoliberalismus sind die Wirtschaft und der Markt von staatlichen Eingriffen komplett befreit. Lohn- und Sozialabbau werden beschleunigt, das Leben kommerzialisiert und jeder für sein persönliches Glück und Scheitern verantwortlich gemacht.

Obwohl er für die ungleiche Verteilung der Vermögen verantwortlich gemacht wird, der Hunger in der Welt ohne ihn wahrscheinlich besiegt  und unzählige Kriege und Konflikte um Ressourcen gar nicht existieren würden, wird der Neoliberalismus, bewusst und unbewusst, akzeptiert. Warum? Weil es zum einen Vorteile im Leben des einen oder anderen bringt oder Raum und Zeit für einen Widerstand fehlt.

 

Einzelkämpfer statt soziales Wesen

In nahezu jedem Lebensbereich und -abschnitt ist der Neoliberalismus präsent. Weil wir damit beschäftigt sind die besten Noten zu bekommen, Ferien- oder Nebenjobs nachzugehen und unser Lebenslauf mit zahlreichen Praktika und Auslandsaufenthalten perfektionieren, damit wir wirtschatfskonform werden, opfern wir unser soziales Leben dafür. In einer 40stündigen Arbeitswoche mit Überstunden bleibt uns kaum Gelegenheit, ausreichend Zeit mit der Familie zu verbringen. Feste Freundschaften zu knüpfen ist zu einer großen Herausforderung geworden. Vertrauen und Nächstenliebe zu anderen Menschen ist nicht mehr bewundernswert, sondern gefährlich und Riskant. Obwohl der Mensch von Natur aus ein soziales Lebewesen ist, der nur durch Interaktion mit anderen Menschen überleben und glücklich werden kann, wird stattdessen das Bild eines Einzelkämpfers propagiert, der für sein Glück und Scheitern allein verantwortlich ist. Viele Menschen halten da nicht mehr mit und stürzen in ein tiefes Loch. Depression und Burn-out sind zu einer Volkskrankheit geworden. Und wer sich von der Gesellschaft im Stich gelassen fühlt, schließt sich im  Extremfall  einer Terrorgruppe wie die IS an, wo sie bizzarerweise Halt finden.

 

Volkssport Glücksstreben

Um den perfekten Lebenslauf zu basteln, sind wir  bereit uns einem Herrschaftssystem widerstandslos auszuliefern. Der Neoliberalismus hat es geschafft uns mit seinen Eigenheiten zu verführen. Freiheit, Glück und die Erfüllung der eigenen Wünsche sind Ideale, die wir kompromiss- und rücksichtslos anstreben und auf keinen Fall aufgeben möchten. „Jeder ist seines Glückes Schmied“ ist das Credo. Im Prinzip ist daran nichts auszusetzen und hat seine Richtigkeit. Aber das Streben nach Glück ist zu einem darwinistischen Volkssport mutiert. Der Stärkere gewinnt, der schwächere verliert. Und das alles unter dem Deckmantel von Demokratie und Rechtsstaat.

Der Neoliberalismus braucht kein Unterdrückungssystem, wie etwa totalitäre Diktaturen, um weiterzubestehen. Indem er das soziale Netz einer Verantwortungsvollen Marktwirtschaft durchschneidet, ist die Angst vorm Scheitern des Einzelnen seine wirkungsvollste Waffe den Widerstand der Menschen zu brechen.

Traurig aber wahr: Dies bedeutet den Endsieg des Neoliberalismus.

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