Gestern ging ich die Straße entlang (gerade vorbei an einem wirklich sehr schlimm aussehendem Bettler - schlimm im Sinne von arm und schmutzig und überhaupt .. einfach sehr sehr traurigmachend) und vor mir ging so ein Polizist, der denkt, er wäre einer, also ein Strafzettelschreiber und kurz nach ihm ein Pensionist. Bin ich halt so gedankenverloren und mich selber fragend, was ich eigentlich genau kaufen wollte vor mich hinspaziert und höre nur so einen Gesprächsfetzen, der in etwa so ging: "Warum mochns nix dagegn, des geht jo ned", die Antwort des "Polizisten" war dann : "Na wos sui ma mochn, soi ma'n wegzaubern?" Woraufhin der Pensionist dann total wütend meinte: "Najo was i ned, des is owa wirklich a Schaas und des is a ka schens Büd!"

Mooooment. Da habe ich dann mein Gehirn von off auf on geschaltet und dachte mir, was zum Teufel der den wolle. NATÜRLICH ist es kein schönes Bild, wer sieht schon gerne einen anderen Menschen schmutzig auf der Straße sitzend und um Almosen bettelnd? Wer sieht denn schon gerne eine Situation, in der man sich persönlich nie befinden will? Wer sieht denn schon gerne Armut? Ja, das ist das richtige Wort. Armut.
Wir Menschen haben die schlechte Eigenschaft, die Augen vor Dingen zu verschließen, die einen in eine unangenehme Lage bringen. So nach der Devise "einfach wegsehen und ignorieren dann ist da auch nichts", einerseits, weil einem der Mensch Leid tut, andererseits, weil er einem zwar Leid tut, man aber nicht bereit ist, ihm irgendwie zu helfen, sich aber trotzdem schlecht fühlt, weil man zu geizig ist, ihm ein paar Cent oder einen Euro zu geben.

Wir hatten mal eine Diskussionsrunde in der Schule und der Professor gab uns dann eine Frage zum Nachdenken, die folgende war: "Was tut ihr, wenn ihr jemanden im Rohlstuhl seht? Wie fühlt ihr euch dann?" Und nach stundenlangem Gerede fanden wir die Antwort heraus: Uns tut dieser Jemand im Rohlstuhl Leid, er spiegelt aber genau die Situation wieder, in der wir uns nie befinden wollen und mit der wir uns einfach nicht auseinandersetzen wollen.

Genau das tat der Pensionist auch. Der Obdachlose war in etwa in seinem Alter, abgesehen davon hatte der Herr anscheinend auch eine Behinderung (er humpelte), genau wie der Bettler, der Krücken hatte. Was hat er sich gedacht? Alles, dass es kein schönes Bild ist, dass er die Einkaufsstraße "verschandelt", dass er ein "Schmarotzer" ist, er hat nur nicht überlegt, wie es ihm ergehen würde, wenn er auf einmal keine Pension bekommen würde oder er auf einmal in ein anderes Land müsste, in dem er kein Wort versteht und abhängig vom Mitleid seiner Mitmenschen ist, weil in Österreich sagen wir mal, Krieg ausbricht. Daran hat er nicht gedacht bzw. spielte er vielleicht kurz mit dem Gedanken, hat ihn aber verdrängt, weil das die eigentliche Wahrheit ist. Aber das können wir eh super, wir, denen es gut geht und die nicht auf die Almosen anderer hoffen müssen, verschließen die Augen vor dem, was wir nicht wahr haben wollen.

Ich habe dann sowohl den Pensionisten, als auch den "Polizisten" (okay, ihn eigentlich, weil ich schon so viele Strafzettel bezahlen musste) mit einem bösen, alles sagenden Blick bestraft und habe bis jetzt darüber nachgedacht, wie man eigentlich dermaßen ignorant und egoistisch sein kann und "des is owa ka schens Bild" mit so einem eiskalten Ton von sich geben kann, nachdem man so etwas Trauriges gesehen hat.