Es ist 6:16 und meine Wenigkeit unterwegs ins Büro. Überpünktlich zum zweiten Arbeitstag nach einer gefühlt ewigen Auszeit, die man keinesfalls auf eine rein berufliche reduzieren darf. In Wirklichkeit nimmt man nämlich gleichzeitig Abstand von einem intakten Sozialleben. Auch wenn diese Entwicklung nur schleichend ihre Position einnimmt, läutet sie ihre endgültige Ankunft mit einer schallenden Watsche ein.

Das Einatmen der noch mäßig stinkenden, Wiener Morgenluft, schwört schlagartig Erinnerungen an die Zeit herbei, bevor ich mich aus dem System klickte. Damals begann für mich jeder Werktag total integriert an – original wienerisch nörgelnd und steigerte sich im Laufe des Tages zu bitterböse, serbisch fluchend. Anlass dafür bot mein bestialischunmenschlichböse früher Arbeitsbeginn.

Doch heute keine Spur davon. Geföhnt, geschminkt und höchst motiviert mache ich mich an meinen neunen Lebensabschnitt als berufstätige Mutter. Oh Gott, wie sich das nur anhört? Voll verstaubt, als ob ich mehr dem Pensionsalter nahe wäre. Jemand müsste für berufstätige Mütter eine zeitgemäße Bezeichnung finden. Es ist ja nicht so, dass wir nur arbeiten und das Putzi in den Schlaf wiegen. Mir persönlich schwebt so etwas wie „Superfrau“ vor. Also, ab heute bin ich dann eine Superfrau, mache alles mit links und super. Job, Kind, Mann, Haushalt, Styling - alles mit einem Fingerschnippen. Simsalabim!

Vier Blocks Fahrt als Superfrau und ich erkenne zum allerersten Mal die Vorzüge des frühen Unterwegssein. Zum einen wäre da das atemberaubende Farbenspiel des Himmels. Wenn sich die Nacht schweren Herzens verabschiedet und die Sonne sanft aber bestimmt den neuen Tag an den Horizont malt – eine Traumkulisse. Und zum andern sind die Straßen beinahe leer, man kommt also recht zügig voran, um nicht zu sagen, schneller als die Polizei erlaubt. Als GTI-Fahrerin (no comment!) weiß man das durchaus zu schätzen.

Außer mir sind um diese Uhrzeit hauptsächlich Arbeiter, Techniker etc. unterwegs und da rote Ampeln auch für schwarze GTI’s gelten, habe ich in dem Zeitfenster einen blonden Installateur dabei beobachtet, wie er aus seinem Firmenauto stieg. Er hatte ein Hosenbein seiner blauen Kluft hochgekrempelt, so dass man seine Wade hätte bewundern können, wenn die Ampel länger rot gewesen wäre. Dabei fällt mir ein Gespräch mit einer Freundin ein. Wir haben dabei festgestellt, dass viele Männer einen Waden-Komplex haben. Stramme Waden haben einen It-Status! Ich habe schon einen ausgewachsenen Mann gesehen der in Steirischer Tracht, sein Bein in eine Kamera streckte und stolz behauptete, nur steirische Wadln wären echte Wadln.

Ich würde es folgendermaßen sagen – Frauen stehen den Waden des Mannes meist ungefähr genauso gegenüber, wie Männer dem heutigen Outfit ihrer Freundinnen. Fußballerfrauen ausgenommen ;)