Seit etwa zwei Monaten steht an jedem Werktag von 8-19:30 eine "Zeitungsverkäuferin" vor meiner Haustür. Also genauer gesagt ist sie vorm Billa, da der aber genau unter unserer Wohnung liegt, erübrigt sich das.

Anfangs wollte sie immer Geld von mir, hat nach einer Zeit aber verstanden, dass ich von den ca. 10 Mal (mindestens), die ich täglich vorbeigehe, nicht jedes Mal Kleingeld parat habe bzw. es mein Budget nicht zulässt. Und an schlechten Tagen habe ich auch keine Lust auf traurige Welpenaugen, die ich nicht Ernst nehmen kann, wenn sie sie bei jedem einsetzt.

Irgendwann habe ich angefangen, sie zu begrüßen und als sie mir dann einmal die Tür offen gehalten hat, als ich wiedermal beim Billa war und wiedermal kein Sackerl genommen habe, habe ich sie ins Herz geschlossen. Sie hat gar nicht um etwas Geld gebeten, obwohl sie sonst wirklich JEDEN fragt. Ich habe mitbekommen, dass sie sich immer ein Getränk kauft, jedes Mal dasselbe und beim darauffolgendem Mal habe ich ihr eins gekauft. Kein Plan wieso, ich habe sie dann einfach so gefragt, ce faci und sie - überglücklich - hat gleich losgebrabbelt, blöderweise happerts mit meinem Rumänisch, mehr als "wie gehts, oder was machst du" hab ich nicht drauf. Und seit dem fragen wir uns jeden Tag, wie es uns geht, sie hat mir von ihren 5 Kindern erzählt und gelegentlich kaufe ich ihr Haarshampoo oder gebe ihr den anderen Teil meines Kinder Buenos. Einen ihrer Söhne habe ich kennengelernt, den mag ich aber nicht - viel zu aufdringlich! Achja und wie ich sie verstehe? Pantomime, gebrochenes Deutsch ihrerseits und ein paar ähnliche Wörter wie im BKS. Lustisch ist das!

Und gestern hab ich mich so um meine Zeitungsverkäuferin gesorgt. In Gedanken versunken und total im Stress ging ich bei ihrem Plätzchen vorbei und habe mich schon gewundert, wo sie denn ist, als ich sie auf einmal mit zwei Männern, in karierten Hemden und irgendwelchen Papieren in den Händen sprechen sah. Ich habe ihr gedeutet, was denn los sei und sie schüttelte nur den Kopf und machte mir klar, dass sie keinen blassen Schimmer hat. Der eine glatzköpfige Ungustl meinte gerade:"Und wo san de Zeidungan?" Sendepause! Ich öffnete die Tür, stieg in den Lift und biss an meinen Lippen rum, so wie ich es immer mache, wenn ich nachdenke. Hätte ich ihr helfen sollen? Es war ganz klar, dass diese Männer Kontrolleure waren, aber was würde mit meiner Zeitungsverkäuferin passieren? Ich habe mich mies gefühlt, dass ich nicht hingegangen bin, versuchte mich aber mit dem Gedanken zu trösten, dass ich ja im Stress war, weil ich die Wohnung noch in Ordnung bringen musste, bevor die Gäste ankamen. Aber nö, das ließ mir keine Ruhe. Also bin ich 20 Minuten drauf runter gefahren um die Lage zu checken. Und sie waren weg! Sowohl die Herren, als auch mein Liebling. Ahhhh am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt, sie hat mir soooo Leid getan.

Am nächsten Morgen ging ich die Stufen entlang und hoffte inständig, sie würde mich mit einem ce-faci begrüßen, machte einen Schritt aus dem Haus und tatsächlich, da stand jemand! Aber nicht meine Zeitungsverkäuferin, sondern eine Neue, die ich noch nie gesehen habe. Oh Mann, war das ein Sche** Start in den Tag. In der U-Bahn konnte ich einfach nicht aufhören über sie nachzudenken. Wo kommt sie hin, kriegt sie jetzt Probleme? Muss sie raus aus Österreich?

Als ich nachmittags nach Hause kam, war sie auf einmal wieder da! Boaaah war das eine Freude, ich hab von einem Ohr zum anderen gegrinst und habe mich zu ihr hingestellt und mit ihr geplaudert. Fakt ist, dass sie nicht weiß, wie es jetzt weitergeht und, dass die Polizisten nicht nett waren. Sie hat ihnen ihren Ausweis gezeigt und erklärt, dass sie 5 Kinder hat und eh Zeitungen mithat, aber sie haben sie beim Betteln erwischt - ohne Zeitung in der Hand. Mann, bin ich froh, dass sie wieder da ist!! Aber ich will mehr wissen. Ich weiß also, dass sie 5 Kinder hat und ich weiß, wie es ihr geht. Und, dass sie aus Rumänien kommt. Das wars. Wie heißt sie? Wo wohnst sie? Wie kommt sie nach Österreich? Ich würde so gern mit ihr reden.... Klar kann ich den Google Translater benutzen und ihren Namen werde ich verstehen, aber nicht ihre Geschichte. Die mich so brennend interessiert! Ich hab die Frau ins Herz geschlossen! Ich habe sie einmal dabei "erwischt", wie sie nach Feierabend des Lebensmittelgeschäftes im Müll herumgrub, und mir wurde echt schwer ums Herz. Mir tut natürlich jeder Leid, der im Müll nach Essen oder Ähnlichem sucht, aber sie habe ich wirklich gerne gewonnen. Bin ich froh, dass sie wieder da ist.