Mit Ben & Bruce durch Afrika

13. September 2018

Zeigt das euren Eltern, wenn die wieder klagen, dass ein Urlaub in Thailand zu gefährlich sei. Fotograf Benedikt Von Loebell reiste mit seinem Landrover Bruce von Kapstadt weg über die afrikanische Westküste zum nördlichsten Zipfel Europas.

Von Amar Rajkovic und Benedikt Von Loebell (Fotos)

"Wow, ihr wisst ja gar nicht, wie schön Wien ist“, schleudert uns Benedikt Von Loebell entgegen, als wir ihn drei Wochen nach dem Ende seiner fünfmonatigen Reise im MQ treffen. Er muss es ja wissen. Loebell sieht wie ein prototypischer Abenteurer aus: Sonnenbrille im nach hinten gekämmten Haar, Dreitagebart und ein freundliches Lächeln, das einem sagen möchte: „Das machen wir schon irgendwie.“ Genau diese Gelassenheit half dem Globetrotter auf seiner Reise vom südlichsten Zipfel Afrikas bis zum Nordkap in Norwegen. Als er zum Beispiel die Entscheidung treffen musste, ob er durch die namibische Steppe weiterfahrt oder in die Hauptstadt Windhoek umkehrt, um seinen pochenden Zahn behandeln zu lassen. Oder in dem Moment an der senegalesisch-mauretanischen Grenze, als Loebell in den Sinn kommt, dass er in die strenge muslimische Republik Mauretanien einreist und blöderweise ungeöffneten Alkohol in seiner Fahrertür verstaut hatte. Über 25.000 Kilometer legte er mit „Bruce“, wie er seinen Land-Rover liebevoll nennt, auf seiner jüngsten Reise zurück. Wurde man die Strecke am Stück durchfahren, waren das schlappe 315 Stunden Fahrzeit laut Google-Maps.

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Ein Strand und ganz viele Fischerboote. Gesehen in Nouakchott, Mauretanien

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Weibliche Angehörige des Himbastamms, der in Angola und Namibia zuhause ist

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Buena Vista Social Club auf Gabunisch

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Jetzt fehlt nur noch der Gorilla-Regenwald in Gabun

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Das wohl einsamste Telefon der Welt: Gesehen in Namibia

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Im Hintergrund wird gebaut und im Vordergrund versucht zu überleben: Lagos in Nigeria

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Fema Kuti ist der Sohn von Musiklegende Fela Kuti

REISEN, UM NICHT ANZUKOMMEN

Doch Loebell hatte es nicht eilig. „Die Reise ist das Ziel, nicht das Ziel ist die Reise“, argumentiert er, wenn ihn abenteuerneidige Zuhörer fragen, ob man dieses waghalsige Unterfangen nicht auch in vier Wochen hineinpressen konnte. Solch eine Reise sei auch nicht mit Urlaub zu vergleichen. Manche nennen es Selbstfindung, manche Abenteuer, Loebell spricht von Freiheit. Ja, Freiheit bedeutet auch nicht in der Nähe von Siedlungen zu übernachten, die unter Beschuss geraten könnten. So geschehen in Kamerun, wo seit geraumer Zeit die unterdrückte englischsprachige Minderheit aufbegehrt und die Reaktionen der französischsprachigen Elite zu Spuren bekommt. Freiheit bedeutet auch, das Konzert von Fema Kuti in Lagos zu besuchen, einen der vielen Sohne der Afrobeatlegende Fela Kuti. Die nigerianische Hauptstadt habe einen bleibenden Eindruck beim in Bogota geborenen Fotografen hinterlassen. „Stellt euch vor, in dreißig Jahren ist Lagos die größte Mega-Metropole der Welt“, teilt er uns mit weit aufgerissenen Augen mit. (Mega-Metropolen sind Städte mit über zehn Millionen Einwohnern. Lagos soll verschiedenen Schätzungen zufolge 2050 zwischen 60 und 100 Millionen Einwohner haben) Genau wie überall gebe es dort auch Gewinner und Verlierer. Der Anblick der Armenviertel auf dem Wasser mit dem Kranwald dahinter ist imposant und tieftraurig zugleich. Genau wie so vieles in Afrika. Ein Kontinent in Aufruhr, mit unglaublichem Potenzial und unverkennbaren Spuren des Kolonialismus. Als Loebell in der Elfenbeinküste am beeindruckenden Sakralbau vorbeifahrt, der ihn an den Petersdom erinnert, fragte er sich: „Wo kommt das Geld für den Bau her?“. Ebenso beeindruckend die futuristisch bunten Wohnbauten, die in den Himmel von Accra in Ghana ragen.

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Die Wohnbauten in Ghana

BROMANCE AUF RÄDERN

Von First-World-Problems habe er nicht viel mitbekommen auf der Reise. Etwas erinnerte ihn doch an die entwickelte, industrialisierte Welt. Die Plastikmüllberge, die seinen Weg säumten, waren dem Fotografen immer wieder ein Memo, dass selbst die mauretanische Wüste vor Menschenmull nicht geschützt ist. Loebell schoss immer wieder Bilder von abgeholzten Gebieten in Westafrika, die Monokulturen wie Palmöl zum Opfer fielen. Dazu benutzte er eine Drohne, deren Einsatz in manchen Ländern wie Marokko jedoch strengstens untersagt war. Angesprochen auf die Flüchtlingskrise, die die europäische Öffentlichkeit seit drei Jahren in Atem halt, winkt Loebell nur ab. Er mochte nicht politisch werden. Gleichzeitig sah er auf seinem Trip oft die Gründe, warum die Menschen möglicherweise alles riskieren, um nach Europa zu gelangen. Es war nicht das erste Abenteuer des 40-jahrigen Fotografen. 2011 machte er sich auf den Weg nach Kapstadt, standesgemäß nicht mit dem Flugzeug, sondern mit seiner großen Liebe „Bruce“. Damals über die „Ostflanke“ von Ägypten über Tansania bis nach Kapstadt. Es wird also wieder Zeit für einen Trip, Herr Abenteurer, vielleicht von Alaska nach Patagonien? "Weiß noch nicht, Venezuela wurde mich momentan reizen.“ Ob er jemanden mitnehmen wurde? „Meine Freiheit kann ich nur alleine mit Bruce genießen.“ Geht in Ordnung, aber dafür wollen wir die Fotos sehen!

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