Venezuela: "Sozialistische Einheit der Linken" - neue ArbeiterInnenpartei?

05. Juni 2008

Während alle Augen in Venezuela und international auf die neue
Regierungspartei, die Vereinigte Sozialistische Partei von Venezuela
(PSUV), gerichtet sind, werden Schritte unternommen, um eine neue
Partei zu formieren, die sich ausschließlich auf die ArbeiterInnenklasse stützt.

Diese neue Partei, die Sozialistische Einheit der Linken (USI) hat das Ziel, eine "authentische Partei der venezuelanischen ArbeiterInnen aufzubauen, die sich dem revolutionären Prozess verpflichtet fühlen, die im Kampf gegen den Imperialismus, die multinationalen Konzerne, die Geschäftsleute und die großen LandbesitzerInnen steht, die die nationale Souveränität verteidigt und für die Konstruktion einer revolutionären, sozialistischen Gesellschaft frei von AusbeuterInnen und UnterdrückerInnen steht."

Im letzten Jahr hatten AktivistInnen die "Bewegung zum Aufbau einer ArbeiterInnenpartei" konstituiert und begannen, gemeinsame politische Arbeit zu entwickeln – unter anderem riefen sie zu einer Stimmenthaltung beim Referendum der Regierung über die Verfassungsreform auf, was große Aufmerksamkeit in der internationalen Linken hervorrief.

Nun unternehmen sie erste Schritte, um die USI als politische Partei
aufzubauen und an den Wahlen Ende des Jahres teilzunehmen. Diese
Wahlen könnten entscheidend für das gesamte chavistische Projekt sein. Chávez ist in ganz Venezuela immer noch sehr populär, aber es gibt eine steigende Unzufriedenheit mit der täglichen Realität des "Sozialismus des 21. Jahrhunderts", welche sich auch in steigender Frustration lokaler FunktionärInnen ausdrückt.

Der Name der neuen Partei ist sicherlich nicht ideal. Doch die Wahlgesetze von Venezuela verbieten Parteien, „soziale Sektoren" in ihrem Namen zu verwenden, also kann beispielsweise das Wort „Arbeiter" nicht verwendet werden. Der ursprünglich vorgeschlagene Name der neuen Partei war „Partei der sozialistischen Linken", aber der Wahlrat gab ihnen stattdessen den Namen „Sozialistische Einheit der Linken".

Die Diskussionen über den Aufbau einer neuen ArbeiterInnenpartei wurden rund um die venezuelanischen UnterstützerInnen der „Internationalen ArbeiterInneneinheit" (UIT) geführt, einer internationalen trotzkistischen Strömung mit Schwerpunkt in Lateinamerika. Zur Zeit in Venezuela, glaubt man, dass es nicht möglich ist, eine Massenpartei aufzubauen, die auf den Gewerkschaften basiert und viele politische Tendenzen beinhaltet, ähnlich wie die „Arbeiterpartei" (PT) im Brasilien der 1980er. Der Unterschied ist, dass die PT rund um Lula gruppiert war, einen christlichen Gewerkschaftsbürokraten, wogegen die ArbeiterInnenpartei in Venezuela rund um Chirino, einen Revolutionär und Trotzkisten gruppiert ist.

Es ist fast zehn Jahre her, seit die letzte relevante trotzkistische Organisation in Venezuela, die Sozialistische AbeiterInnenpartei (PST) sich auflöste. Viele lokale trotzkistische Gruppen existierten weiter – jede von ihnen gruppiert um eine/n GewerkschaftsführerIn aus der PST – und gaben kleine Zeitungen heraus.

Die Formierung der USI repräsentiert nun den nächsten seriösen Versuch, eine revolutionäre, sozialistische Organisation auf nationalem Niveau zu formieren, die auf der Prinzip der Unabhängigkeit von der Regierung basiert. Die morenistische Tradition des Trotzkismus beinhaltet unzählige Anpassungen an den bürgerlichen Nationalismus und Populismus und viele abgekartete Spiele mit reformistischen BürokratInnen, abgerundet mit revolutionärer Phraseologie.

Aber es ist klar, dass die UIT in Venezuela die zentrale Rolle im Kampf für die politische Unabhängigkeit der ArbeiterInnen vom Chavismo spielt und die internationale Unterstützung von RevolutionärInnen verdient (ohne dabei Kritik an ihrer Inkonsequenz zu verschweigen). Die Formierung der USI könnte ein Schritt vorwärts im Aufbau einer unabhängigen revolutionären ArbeiterInnenpartei mit Massenbasis in Venezuela sein.

Die ArbeiterInnen, die unter dem Chavismo am meisten gekämpft haben,
sind diejenigen, die das größte Bewusstsein für die Notwendigkeit einer ArbeiterInnenpartei haben. Genauso wie ArbeiterInnen während der Streik-Sabotage der Bosse im Jahr 2002 oder durch die Erfahrungen mit der ArbeiterInnenkontrolle in Sanitarios de Maracay gezeigt haben, dass sie die Produktion kontrollieren und leiten können, möchten sie zeigen, dass sie auch das Land mit einer ArbeiterInnenregierung leiten können. Und dafür brauchen sie ihre eigene politische Partei ohne Bourgeois, ohne große LandbesitzerInnen, ohne BürokratInnen und ohne korrupte Leute.

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