Von der Schwierigkeit Serbe zu sein

19. Juni 2008

Eine Betrachtung von Bogumil Balkansky

Es war der letzte Sommer im Frieden, der Sommer nach der "Gazimestan-Rede" des Slobodan Milosevic. Eine Freundin aus Belgrad war begeistert und wähnte das Aufkommen einer neuen Zeit.

Oh mein Gott!

Leider wurde unsere Freundschaft an diesem Sommertag beendet.

Nachdem ich sagte: "Oh, mein Gott!"

Also... nach der Begründung. Denn ich sagte damals wortwörtlich: "Dieser Typ wird Jugoslawien schlimmer verwüsten als Adolf Hitler!"

Ich sollte auf groteske Weise Recht behalten. Nicht weil ich so ein Blitzkneisser bin, sondern weil ich einen Rat des Bruno Kreisky an einen Journalisten stets befolgt habe. Er lautet: "Lernen Sie Geschichte, Herr Redakteur!"

Und die Geschichte hat gezeigt, dass wer über Volk und Heimat redet, ganz bald auch von historischen Rechten, vorenthaltenen Ansprüchen und erlittenem Unrecht reden wird. Und gleich hinterher davon, dass es nun genug sei damit und man damit beginnen werde, all das geradezurichten.

So oder so.

Tja. Und das war´s dann. Mit der Freundschaft und mit dem Frieden.

Der Rest ist eben Geschichte. Brandneu. Zum Teil gefährlich. Zunder für abenteuerliche Redakteure.

Aber alles in allem doch nur die Banalität des Bösen.

Als Wendepunkt wird oft das Massaker von Srebrenica genannt. Das größte Einzelverbrechen des gesamten Krieges und das grösste Einzelmassaker in Europa seit dem Massaker im Wald von Katyn 1941. Begangen von serbischen menschen mit Namen, Adresse und Personalausweis. Befohlen von ebensolchen. Geduldet von desgleichen - und unter den Augen von UNO Soldaten. Ein Schandfleck sondergleichen - zumindest für jeden der glaubt, die Patria sollte eine saubere Geschichte haben.

Und wieder sind sie da: die Patrioten.

Die wenigsten von ihnen begreifen, dass eine Konfrontation, die Aufklärung des Verbrechens und die Bestrafung aller Täter, Befehlshaber und Ermöglicher der größte Dienst an Patria wäre. Stattdessen flüchten sie in Verschwörungstheorien oder schlichtes Leugnen.

Deswegen ist es schwierig, Serbe zu sein.

Alle Verbrechen der Anderen zusammengenommen, waren nicht so konzentriert wie das Verbrechen von Srebrenica. Begangen von Serben an nicht-Serben.

In Srebrenica hat die Konzentration des Bösen ihren Höhepunkt erreicht.

Allerdings kann man politische Ereignisse nicht allein auf das Böse im Menschen zurückführen. Was war die Ausgangssituation für Milosevic?

Ein Zerrüttetes Land, am Rande des Bankrotts mit historisch bedingten interethnischen Spannungen. Und willige Politiker auf der Gegenseite, die bereit sind, um Titos Scherben zu kämpfen. Super! Everybody happy! Macchiavelli hat nicht umsonst gelebt! Wenn man die Unwilligkeit der sogenannten internationalen Gemeinschaft dazugibt erhält man das Dejá Vu: Der Balkan brennt, leute!

Ich bin politisch nicht grad ein Jugo Nostalgiker, aber in meiner Kindheit im Kommunismus hat niemand Kinder auf Wiesen unter Bergen und dem blauen Himmel erschossen. Die Kindheit so vieler Kinder hatte an solchen Orten ein Ende.

Irgendwann im Sommer...

Kommentare

 

Ein sehr guter Blog, echt gelungen! Ein sehr interessantes Thema, mal aus einer anderen Perspektive betrachtet.
Und...Leute, der Balkanbrand ist noch immer nicht ganz gelöst, oder? Deja Vu Klappe die wievielTe?

 

man kann kein feuer löschen in dem man kontinuierlich und sei es auch nur tröpfchenweise, öl hinein giest.
angefangen bei unserem blogs und comments.

 

hey veco, morgen! ;-)

naja, du hast da schon recht. aber wie sagt man so schön bei "uns" unten: "sto ljudi, sto cudi". jeder soll frei seine meinung sagen können, auch hier mit hilfe der kommentare. nur so kann man das vergangene verarbeiten..meine meinung.

und apropos öl ins feuer gießen, vielleicht war/ist ja so viel feuer noch am balkan, weil der ausbau einer für west-europa wichtigen pipeline geplant ist..hmmm, worum gings nochmal? ;-)

 

könntest durchaus recht haben, deswegen sagte ich nur vorsichtig "angefangen bei".

bei mir um frieden. ;)

 

@ Bojan

 

kibo...haha, echt süß, haha ;-)

hey von frieden überhaupt keine spur..nur, ich hätte eine idee, wie wir das ändern könnten.

blogs & comments ja klar...alle meinungen zählen, aber vielleicht etwas friedlicher natur? wie wär das?

 

das wäre schön.

also wir fangen damit an?

 

hey, also ich hab ja nichts gemacht...und soweit ich deine beiträge bis jetzt sehen konnte, bist du ja selber nicht "oag" drauf..

Aber ich stimme dir zu..Fangen wir einmal mit etwas gutem an, zumindest versuchen wir es? :-)

 

ich denke wir gehören einer neuen generation an, einer die wieder etwas ändern kann/soll.

 

so ist es veco...and 12 points go to vesnania ;-) ... find ich cool...darauf sollten wir mal bei gelegenheit anstoßen. ;-)

 

können wir gerne machen.
feiern ist ein guter anfang. motto: "feiern statt raunzen!"

wann?
wo?

 

naja, wie wäre es mit morgen abend? *liebschau* "bombastische" stimmung ist sowieso für freitag abend vorprogrammiert...

 

zuerst offizielle dann inoffizielle fanmeile?

 

klingt sehr gut

 

also bebongt ;)

 

ein interessante betrachtung zu einem schwierigen thema der neuzeit, noch dazu geschrieben von jemandem, der diese zeit bewusst miterlebt hat.
ich kann mich erinnern, als ich 1991 einen meiner mitarbeiter nach intervention beim bmlv vom einsatz an der heute österreichisch - slowenischen grenze zurückholen konnte. da wurde mir klar, was es bedeutet, sich am rande eines krieges zu bewegen. das "alte" yugoslawien hat genauso wie seine nachfolgestaaten seine eigene, leidvolle geschichte erlebt. falsch verstandener, tradierter nationalismus läßt sich nicht so einfach durch ein ökonomisches bollinger band auslöschen, das wird noch eine ganze generation dauern, fürchte ich. und irgendwann wird man sich auch in ehrlicher absicht die hände reichen und in die augen sehen können.

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