Baking Bread

12. Dezember 2014

Wohin gehen, wenn der Hunger zur Geisterstunde zwickt? Türkische Bäckereien sind längst der Geheimtipp der Stadt – statt pappigem Cheeseburger und fettiger Kaisekrainer gibt es hier frisches Lahmaçun, süße Baklava und heißen Schwarztee.

Von Binu Starnegg

Die Wüste des schlechten Fast Foods kennt kein Erbarmen. Einen Snackanfall spätnachts zu erleiden, bedeutet oft die Wahl zwischen dörrem Kebab, Pappkartonpizzaschnitte und Runzelkäsekrainer. Und als Draufgabe am nächsten Tag die Ungewissheit, ob man nun einen Kater oder eine Lebensmittelvergiftung hat. Das muss aber nicht sein!  Türkische Bäckereien mit ihren langen Öffnungszeiten sind die idealen Boxenstopps beim nächtlichen Rundendrehen. Das Biber hat fünf näher betrachtet.

Alser Shop: klinisch lecker

Hernalser Gürtel 47 / U6 Alserstraße
1170 Wien 

 

Vielen noch als Bäckerei Aslan bekannt, ist der Alser Shop besonders für Nachtschwärmer die Alternative zum Mäcci gegenüber. Vitrinen voller Börek und Konsorten, ein Kühlregal mit Schafskäse, Rinderwurst und Cola, aber vor allem frisches Acma, Pide, Lahmaçun. Durch die Nähe zu den Gürtelbögenlokalen kommt jeder gern her, wer auf den Durst einen Hunger hat. Wie der Skater, der sein Longboard vergessen hatte. Lachend gibt Verkäufer Abdullah ihm sein Deck zurück und zufrieden rollt er wieder in die Nacht – mit einem frischen Lahmaçun dazu. Auffällig dabei das Ambiente: der Alser Shop präsentiert sich von den Fliesen bis zur Decke in sterilem lazarettweiß – sogar mit einer große Glaswand, die den Backbereich wie ein Kreißsaal vom Lokal trennt. Vermutlich kann man dem Bäckermeister dann auch dabei zusehen, wie er ein frisches Blech Pogaca entbindet.

 

 

Trabzon Ekmek Firini: In Holz we trust 

Brunnengasse 65
1160 Wien 

 

Für viele ottakringer Bobos gehört der Gang zum Trabzon nach einem feuchtfröhlichen Abend dazu wie Aperol zum weissen Spritzer; gleich nach der Sperrstunde am Yppenplatz sieht man sie snackend davor stehen. Immerhin ist drinnen trotz der Größe des Geschäfts wenig Platz: das gesamte Geschehen wird von einem riesigen Holzbackofen dominiert, laut eigenen Angaben der einzige in ganz Wien. Dessen charakteristischer Geschmack hat schon viele überzeugt: unter anderem das Kent gleich nebenan. Ihr Markenzeichen ist das „Trabzon-Brot“, ein achterförmiger Laib, der locker eine hungrige Familie mehrere Tage ernähren könnte. Weitere Spezialitäten sind ihr Lepina, Maisbrot und sogar ganzjährig Vanillekipferl.

 

 

 

Café Konditorei & Bäckerei 24: „Kaffe + Kuchen“ von Früh bis Spät

Neubaugürtel 25
1150 Wien 

 

Der Frühstücksraum des backshop 24 ist zu (fast) jeder Stunde von Menschen besetzt, die entweder schon oder noch wach sind. Vom Frühschichtarbeiter mit der Zeitung unterm Arm zu Jugendlichen auf Lokaltour, sie alle sitzen (manchmal gleichzeitig) in der warmen Stube und trinken Schwarztee. Ein Plakat der Grünen, das eine Diskussionsrunde über „Migration & Mitgestaltung“ bewirbt, lässt auf die geographische Nähe zum 7ten Bezirk schließen. Empfehlenswert ihre zwei eher ungewöhnliche Böreksorten: Gemüse (mit Erdäpfeln, Erbsen, Mais und Karotten) und Fleisch mit Kartoffel. Wer Spiele mag, kann draußen versuchen, die Rechtschreibfehler auf den vielen Schildern zu zählen.

 

 

Bäckerei Gül: Integration beginnt beim Frühstück

Hütteldorferstraße 113
1140 Wien 

 

Der penzinger Ableger der beliebten Institution am Naschmarkt ist zwar weniger bekannt als die große Schwester, aber um kein Stück weniger schmackhaft. Der Duft von frischem Weißbrot, viel Naturholz und warmem Licht laden ein, auf einen Kaffee mit Baklava im Frühstückseck zu verweilen und dort in der neuesten „Krone“ zu blättern. Österreichs beliebteste Tageszeitung ist aber nicht das einzige Zugeständnis an den Lokalkolorit. Ihr Kühlregal zeigt uns vor, wie gelebte Integration in der Praxis funktioniert: Ayran, Cockta und NÖM Vanillemilch harmonisieren dort in brüderliche Eintracht. Espressoliebhaber aufgepasst: Ein vollverchromter Cimbali-Apparat verspricht ein Ausnahme-Kaffeeerlebnis.

 

 

Diwan: Wer liegt, der siegt

Simmeringer Hauptstr. 110

1110 Wien 

 

Mit seinem markanten Schachbrettfliesenmuster, Guckfenster in den Backraum, warmen Aromen und überaus freundlichem Personal überzeugt Diwan der Schmeckliche von Anfang an. Kein Wunder also, dass schon ab den frühesten Morgenstunden Arbeiter und Senioren bereits Schlange stehen. Seine Auswahl würde so manchen Tankstellenmarkt vor Neid erblassen lassen: allein schon ihr Wurst- und Käsesortiment könnte ganz Simmering im Falle des Weltuntergang durchfüttern. Wie uns der Verkäufer Altay erklärt, backen sie alles selbst vor Ort; besonders stolz ist man auf seine Sesamringe und das Blumenbrot; aber auch ihre österreichischen Schmankerl wie Krapfen und Topfenstrudel suchen in der Südstadt seinesgleichen.

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