Wenn biber viermal klingelt

05. September 2013

EIN BUNTER VOGEL IM LEEREN NEST

ER GILT ALS DER SCHRILLSTE POLITIKER DES LANDES, DOCH PRIVAT IST DAVON NICHTS ZU MERKEN. BEIM BIBERWOHNUNGSBESUCH ERKLÄRT STEFAN PETZNER, WARUM ER IM KÜHLSCHRANK NUR HAUTCREMEN HAT, NICHTS VON „AQUARIEN-SCHEISS“ HÄLT UND STEINBÖCKE BEWUNDERT.

MAN SOLLTE ja meinen, wenn Journalisten an der Tür klopfen und Fotos machen, wird vorher der Boden gewienert und die Fenster werden

geputzt. Nix da. Jungpolitiker nehmen so etwas gelassen, jedenfalls die jungen Frauen unter ihnen, sie haben schließlich wichtigeres zu tun als den Haushalt. Aber ein bisschen Chaos macht bekanntlich sympathisch und Männer wie der SPÖler, die freiwillig Badewannen schrubben, sind selten. Bei Hausbesuchen lernt man viel, so haben zum Beispiel nur die Vertreter der Grünen und des BZÖ eine Spülmaschine. Erstere, weil sie in einer WG wohnt, Zweiterer – nun ja: weil die Küche schon drin war. Denn auch wenn Stefan Petzner kein „Jungpolitiker“ ist – Hand aufs Herz: Wer will nicht wissen, dass er seine nigelnagelneue Küche nie nutzt und im Kühlschrank nur Kosmetika stehen?! Ach ja, bei der FPÖ hat man auf unser Anklopfen gar nicht reagiert.

 

„ICH WEISS GAR NICHT, WAS IHR BEI MIR WOLLT?“, begrüßt Stefan Petzner seine Gäste. „Bei mir gibt‘s nix“, lacht er. Tatsächlich hat seine Wohnung den Charme eines Möbelhauses. Nämlich keinen. Und das will er so. Kein Bild, keine Pflanze, kein „Aquarium-Scheiß“, wie er es nennt. „Die Wohnung sieht noch genauso aus, als ich 2008 eingezogen bin.“ Der 32-jährige BZÖ-Politiker und Nationalratsabgeordnete hält nichts von Glimm-Bimm. Einzig ein Teddybär am Fernseher und ein einsames Kreuz am Fensterbrett des Schlafzimmers erinnern daran, dass hier jemand wohnt. Gäste empfängt er nie. Wir sind die ersten, die er außer seiner Putzfrau in die Wohnung lässt. „Was soll ich Leuten auch anbieten?“, lacht er. Tatsächlich wurde die Küche noch nie benutzt. Kochen könne er sowieso nicht, sagt er. Wenn es bei einer Fast-Food Kette nicht zufällig Trinkgläser gratis gegeben hätte, hätte er nicht einmal die.

 

 

Auch der Kühlschrank gähnt vor Leere: Joghurt, Fruchtsäfte und eine Hautcreme finden sich darin. Letztere würden die Leute meistens falsch

aufbewahren: „Die gehören in den Kühlschrank.“ Stefan Petzner ist weder Koch noch Handwerker. Der Beweis hängt im Bad. Er wollte die Glühbirne der Lampe austauschen, was nicht funktioniert hat. Seitdem hängt sie bedrohlich an einem Kabel von der Decke. Seine spartanische Lebensweise hätte vor allem etwas mit seinem Sternzeichen zu tun erklärt er: Steinbock. „Die wollen klare Verhältnisse, klare Strukturen.“

Außerdem sei er pingelig. Ein Grund mehr, warum nichts herumsteht.

 

 

 

MITTEN IN OTTAKRING

So unpersönlich die Wohnung wirkt, so wohl fühlt sich Stefan Petznerhier. Hier, wo man Petzner eigentlich nicht vermuten würde, dort wo

sich der türkische Gemüseh.ndler und der Bobo gute Nacht sagen, mitten in Wien-Ottakring. Von seinem Balkon aus kann man den gesamten Brunnenmarkt überblicken. Dort hat er alles was er braucht: eine Trafikantin, die ihm jeden Morgen das Neueste aus der Zeitung berichtet, das türkische Café und das Fitnessstudio ums Eck. „Den Trubel mag ich“, sagt er und deutet auf das Gewusel des Marktes. Doch genauso mag er die Ruhe und Schlichtheit in seiner Oase, wie er die Wohnung nennt. Seit er 2008 im Nationalrat sitzt, wohnt der Kärntner unter der Woche hier, wie viel Quadratmeter die Wohnung hat, weiß er nicht. Er zahlt 800 Euro für Wohnung und Garage, in der ein verbeulter Skoda steht. „Wichtig ist mir, keine Arbeit mit nach Hause zu nehmen.“ Tatsächlich sucht man Laptop und Co hier vergeblich. Das einzige Buch liegt als Türstopper vor dem Schlafzimmer. „Politik der Feinbilder“ lautet der Titel. „Ich dachte, es wäre ein Ratgeber“, scherzt er „deshalb hab ich es gekau.“ Petzner spielt selber gerne mit Feindbildern. Naturgemäß sieht er das anders. „Die paar Sager, sind die, die übrig bleiben, das war auch bei Jörg Haider so“, verteidigt er sich, als er auf seinem Lieblingsplatz eine Zigarette raucht - ein gemütlicher Wohnzimmersessel, woanders ist er in der Wohnung noch nie gesessen.

 

 

AUF JEDEN GIPFEL

Eine SMS kommt auf eines seiner zwei Handys: „Heute Volksgarten?“ Doch Petzner hat keine Zeit, er muss nach Kärnten, er muss „wahlkämpfen“.

Für ihn geht es ums politische Überleben. Die Umfragewerte für das BZÖ sehen alles andere als rosig aus. Ob man den Einzug ins Parlament schafft, ist fraglich. Für Petzner natürlich nicht, er ist optimistisch. Hier kommt wieder das Sternzeichen ins Spiel. „Steinböcke sind ja faszinierende Tiere, die kommen überall hinauf, auf jeden Gipfel.“

 

 

 

 

Die gesamte Story ist in der biber-Septemberausgabe 2013. Hol dir jetzt ein Abo und biber kommt zu dir nach Hause! 

 

 

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