Lasst die Haare sprießen!

Emanze, Bär und Mannsweib sind nur einige der Affronts die Frauen zu hören bekommen, wenn sie Beinhaare oder Achselhaare haben. Leute starren, nicht nur Männer, auch Frauen, wenn sie bemerken, dass ich Haare an meinen Beinen habe. Sie sind alle förmlich entrüstet über das, was sie sehen, wahrhaftig ein Skandal! Ich könnte nackt in der U-Bahn sitzen und würde genauso viel unerwünschte Aufmerksamkeit bei meinen Mitmenschen erregen.

Aber warum das alles? Es sind doch nur Haare. Nur weil sie nicht auf meinem Kopf sind, bedeutet es nicht gleich, dass ich ein veganer Feminazi bin. Wenn man also kein Nacktmull ist, keinen präpubertär enthaarten Körper als Frau hat, wird man als unhygienisch und unästhetisch betrachtet.

Ich fühle mich wohl mit meinen Beinhaaren! (Foto: Pia Steiner)
Ich fühle mich wohl mit meinen Beinhaaren! (Foto: Pia Steiner)

„Es wird uns halt von der Gesellschaft so vorgeschrieben“ ist einer der gängigsten Argumentationen. Es sind ästhetische Gründe, meist wegen des Glattheitsgefühls, aber schlussendlich geht es meist darum anderen zu gefallen. Es gibt keine sachlichen Argumente dafür, sich als Frau enthaaren zu müssen. Durch paradoxe Werbungen, wie von Nivea in welcher sich eine Frau mit schon glatten Beinen rasiert, wird der Druck nie glatt genug zu sein, auf uns übertragen. Ich bin sicherlich für manche ein veganer Feminazi, aber ich kann nicht sagen, dass ich nie auch nur ein einziges Haar von meinem Körper entfernt habe. Als mit zwölf und dreizehn Jahren der Wahn nach glatten Beinen anfing, waren für mich unrasierte Beine ein No-Go. Jetzt ist es ein Yes-Go, unrasierte Beine sind genauso ästhetisch ansprechend, wie unrasierte. Manchmal lass ich sie sprießen, manchmal rasiere ich sie. Ob ich Haare an meinen Beine habe oder nicht, mache ich nicht mehr von gesellschaftlichen Normen und Konzepte abhängig, sondern von mir selbst, als Individuum.

Wir sind doch alle, Frau, Mann, non-binary, Mensch, ständig damit beschäftigt uns Gedanken zu machen, was andere von uns denken könnten, vor allem wenn es um unsere Körperbehaarung geht. Es wäre doch viel schöner, wenn wir uns von dieser toxischen Vorstellung verabschieden, dass Beinhaare, Achselhaare, Intimbehaarung und sonstige Behaarung unhygienisch und ekelerregend sind, und endlich mehr Selbstliebe praktizieren. Ob nun glatt oder behaart, egal, die Hauptsache ist, man fühlt sich wohl, und verurteilt nicht andere für ihre Entscheidungen. Also, lasst sie sprießen!

Pia ist 17 Jahre alt und besucht die Hertha Firnberg Schulen für Wirtschaft und Tourismus in Wien.

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