Alte Jungfer mit 25

01. Juni 2015

Du bist in der Mitte deines Halbjahrhunderts, führst eine glückliche Beziehung und hast schon viele Länder gesehen. Außerdem hast du zwei Uniabschlüsse in der Tasche und machst gerade dein Auslandstudium - Das Leben könnte so schön sein, oder? Nicht nach der Meinung vieler postsowjetischen Länder.

Ich bin 25. Ich war schon immer ganz neugierig auf Neues, wollte Verrücktes ausprobieren und mein Leben so gestalten, wie es mir gefällt. In der Realität sieht das ein bisschen anders aus. Das ist mir aufgefallen, nachdem ich nach Österreich gezogen bin. 

Powerfrau
Foto: Karl Thomas / allOver / picturedesk.com

Heiraten. Punkt.

Ich bin jung, voll motiviert und offen für das Leben. Ich habe einen Freund, mit dem ich reisen will. Wir haben Spaß und möchten die ganze Welt entdecken. Ich würde uns als cool, frisch und modern-denkend beschreiben. Aber in meinem Heimatland bin ich ein Grund zur Sorge. Meine Großmutter ist der Meinung, dass ich bald zur alten Jungfer werde. Deswegen setzt sie jede Hoffnung auf meinen Freund. Bei jedem Treffen versucht sie uns mehr oder weniger zu überreden: „Ich bin schon alt, ihr müsst endlich an eure Hochzeit denken.“

Alle Argumenten bringen nichts, wenn all deine Freundinnen verheiraten sind. Manche haben schon (3-Jährige) Kinder. Wenn wir uns nicht lang sehen, ist die wichtigste Frage für sie: Na? Bist du zufälligerweise schon verheiratet?“

Nein, bin ich nicht. Dafür besuche ich die Universität in Österreich, lerne neue Menschen kennen und bin ziemlich zufrieden mit meinem Leben. Wenn meine Freunde hören, dass ich Deutsch in zwei Jahre gelernt habe, wundern sie sich. Das gibt mir die Motivation weiterzumachen und nicht aufzugeben. Hier in Österreich ist jeder begeistert von meinem Lebenslauf und findet es gar nicht komisch, dass ich mit 25 noch nicht verheiratet bin. In der Ukraine (wahrscheinlich in manche anderen Ländern auch) bin ich die ewige Studentin.

Ich, die Superfrau 

Ich bin 25 und muss vorankommen. Ich habe noch fünf Jahre, um Karriere zu machen und mit 30 die Superfrau zu sein, die einen Ehemann hat, zumindest ein Kind, ein eigenes Haus und auch etwas Kleingeld auf dem Sparkonto. Ja, der soziale Druck lässt auch mich immer daran denken, wie alt ich bin und wie viel Zeit ich noch habe, um etwas aus mir zu machen und nicht zum totalen Pechvogel zu konvertieren. Trotzdem bin ich froh, dass ich meinem Herz folge und mich nicht an soziale, traditionelle Vorschriften halte.

 

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Lidiia Akryshora ist derzeit die Stipendiatin der biber-Akademie. Sie ist ukrainische Journalistin, die seit zwei Jahren in Österreich lebt. Deswegen einfach ein Auge zu drücken, falls ihr den ein oder anderen Fehler in ihren Blogs entdeckt. Aller Anfang ist schwer und ihr seid bestimmt auch keine Profis in Ukrainisch, Russisch und ein bisschen Polnisch oder?

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Kommentare

 

witzig. bei mir ist es umgekehrt. alle machen sich sorgen, weil ich so "früh" geheiratet habe: schwanger? wird sie jetzt zur hausfrau? jetzt schreibt sie ihre magisterarbeit bestimmt nicht zuende!

man kann und soll es den leuten einfach nicht recht machen. whatever.

 

hahaha, ja lustig. Früh heiraten - gefällt nicht, später heiraten - auch.. Diese tödliche gesellschaftliche Vorschriften)) 

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