"Baal" im Werk-X
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Bertolt Brechts frühes Drama über einen mindestens genauso talentierten, wie amoralischen Dichter feierte am 20. Februar Premiere im Werk-X. Inszeniert wurde das Stück von Ali M. Abdullah, dem künstlerischen Leiter des Hauses. Ein solider Höhenrausch, der aber schnell in Nüchternheit gipfelt.
von Nada El-Azar
Erster Auftritt: Baal. Constanze Passin tritt als Titelfigur ein Loch durch eine Styroporwand (Ausstattung von Renato Uz) und tritt behäbig vor das Publikum, reibt sich den dicken Bauch – der durch einen Fatsuit unter dem riesigen Anzug gewährleistet wird – und säuft „Champagner“ aus einer der vielen Plastikflaschen, die auf dem Boden stehen. Baal ist skrupellos und egoistisch, benimmt sich selbst rüpelhaft gegenüber seinem Verleger Mech, nutzt gleichzeitig die Aufmerksamkeit seiner Frau für „künstlerische Zwecke“ aus, nur um sie dann wie all die anderen „Weiber“ links liegen zu lassen.
Die Rampensau Baal kümmert sich um niemanden außer sich, und schwingt sich von einem Rausch zum nächsten. Im Suff stimmt er dann zum einen oder anderen Liedchen an. Musikalisch wird das Geschehen vom Multi-Instrumentalisten Andreas Dauböck begleitet, der auch Nummern von Leonard Cohen und Nick Cave im Repertoire hat.
Doch nach all dem Rausch wartet schon die Nüchternheit um’s Eck. Baal ist ein verschwenderischer Fettkloß, dessen hässliche Maskenfratze wie das Innere, aber nach außen gekehrte, Selbst wirkt. Dass ab der Mitte des Stückes Michaela Bilgeri statt Constanze Passin in Baals Fatsuit geschlüpft war, entging mir bis zum Ende des Stückes aufgrund der Masken vollkommen. Obwohl beide Schauspielerinnen eine gute Darbietung lieferten, musste ich mich schon fragen, warum es überhaupt zur (doppelten) Besetzung der Machorolle mit weiblichen Darstellerinnen und vice versa gekommen war. Ist das versoffene Gegröle über „Weiber“ akzeptabler, wenn unter der Maske eine Frau steckt? Etwas Ähnliches gab es beispielsweise schon in der Adaption des Faldbakken-Romans „Macht und Rebel“, die ebenfalls von Abdullah inszeniert wurde. Oder geschah das aus einem ganz anderen Grund? Und muss Christoph Griesser, der mitunter als Kellnerin Luise an der ersten Zuschauerreihe brutal vergewaltigt wurde, denn immer für Nacktauftritte herhalten? Für die Darstellung von (sexuellem) Exzess hätte es sicherlich eine elegantere Lösung gegeben. Ich konnte diesen Kunstgriff jedenfalls nicht ganz entschlüsseln. Insgesamt ist „Baal“ dennoch eine solide Produktion, welche definitiv die Handschrift des Werk-X trägt. Trotz allem: Sehr sehenswert!
Weitere Informationen, Spieltermine und Tickets findet ihr hier:
https://werk-x.at/premieren/baal/
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