Genieße die Zeit mit deinen Eltern, du hast weniger davon als du denkst.

15. November 2016

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eltern familie
Fot. Artur Zolkiewicz

Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass du als Biber-Leser zwischen 20-30 Jahre alt bist.  Du bist ein Student oder grad mit dem Studium fertig geworden und du stehst am Anfang deiner beruflichen Karriere. Vielleicht bist du noch in der Schule, du wirst aber bald von zuhause ausziehen und alleine wohnen. 

Solltest du schon von zuhause weggezogen sein, kannst du dich bestimmt an diesen Moment erinnern. Das gemischte Gefühl von Freude, plötzlicher Verantwortung und Ungewissheit. Fast immer ist man aber sehr glücklich, weil man ja endlich sein eigenes Leben anfangen und seine eigenen Entscheidungen treffen kann. Kein Gejammer von den Eltern mehr, keine Vorgaben was man anziehen, um wieviel Uhr man nach Hause zurückkommen und wieviel man lernen soll. Der kleine Bruder oder die große Schwester nerven endlich nicht mehr. Die lang erwartete Freiheit ist endlich da.

 

Wie sieht aber die Zeit danach aus? 

 

An diesem Punkt realisieren wir eine wichtige Tatsache nicht. Wieviel Zeit verbringen wir mit der Familie, nachdem wir nicht mehr zusammen wohnen? Nachdem viele von uns sogar in andere Städte, gar in andere Länder ziehen?

 

Ich bin jetzt 31 Jahre alt und wohne im Ausland seitdem ich 20 bin. Ich sehe meine Eltern vielleicht 3-4 Mal im Jahr, jedes Mal nicht länger als 3 Tage. Sagen wir mal, dass ich zu den glücklichen Menschen gehöre, deren Eltern lang leben werden und ich selber 65 Jahre alt werde. Nehmen wir ein optimistisches Szenario an: noch 35 Jahre mit meinen Eltern. Sollte sich die Frequenz meiner Besuche nicht verändern, werde ich meine Eltern nur noch 140 Mal sehen, im besten Fall also 400 Tage mit ihnen verbringen. 400 von den nächsten 12755 Tagen. Ein wenig über ein Jahr. Nichts im Vergleich dazu, wie viel Zeit ich mit meinen Eltern als Kind und Jugendlicher verbracht habe. 

 

Schockierend.

 

 

Das soll auf keinen Fall ein pessimistischer Beitrag sein, er soll niemanden traurig oder depressiv machen. Ich habe aber eine ähnliche Veranschaulichung auf dem Blog waitbutwhy.com gesehen  (http://waitbutwhy.com/2015/12/the-tail-end.html) und es hat mir geholfen zu realisieren, dass ich die Zeit mit meiner Familie noch mehr schätzen soll. Nicht, dass ich es bisher nicht getan habe. Es wird mir jetzt aber bestimmt leichter fallen die Entscheidung zu treffen, meine Eltern besuchen zu fliegen. Oft kommen ja andere Dinge dazwischen: Arbeit, Freunde und sonstiges Zeug, das wichtig zu sein scheint. Ich schiebe den Besuch bei meinen Eltern hinaus und mit der Zeit wird es immer seltener. Manchmal braucht man einen simplen Realitätscheck, um einfache Dinge zu verstehen. Dieser Beitrag war für mich ebenso eine Realisierung. 

 

Es mag sein, dass uns unsere Eltern manchmal irritieren. Es mag sein, dass wir nicht bei allen ihren Entscheidungen zustimmen würden. Es kann durchaus sein, dass wir ihnen nicht immer Recht geben wollen. Ist es aber wert mit ihnen zu streiten oder sich ihretwegen aufzuregen?

 

Genieße die Zeit mit deinen Eltern. Jeder Moment, den du mit ihnen verbringst ist wertvoll. Jeder einzelne Tag ist ein Tag weniger von den angenommenen optimistischen 400 Tagen, die du mit ihnen verbringen kannst. Das nächste Mal wenn du daran denkst, ob du deine Eltern besuchen solltest - mach das. Mit dem Gedanken im Hinterkopf wird es dir einfacher fallen, sich weniger aufzuregen und die Zeit mehr zu genießen. 

 

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