Je suis serbie

16. November 2015

Die Social Media-Kanäle sind seit Freitagabend überschwemmt von Berichten über Paris. Aber nicht nur Paris steht im Zentrum: Auch der Libanon, Gaza und Serbien. Heute möchte ich über meine Landsleute, die Serben, sprechen.

„Sve mi ih zao, kada su nas bombardovali nisu stavljali srpske zastave na profilnu sliku!“

(Oh, da hab ich aber Mitleid. Als sie uns bombardiert haben, hat keiner die serbische Flagge über sein Profilbild gehängt!)

„Ko je pisao „je suis serbie“ kada su ubili 4000 srba 1999? Francuska je NATO!“

(Wer hat geschrieben „je suis serbie“ als sie 1999 4000 Serben getöten haben? Frankreich ist NATO!)

„Mrzim vas sve, sto zalite za francuzima. Ko zali za nama?“

(Ich hasse euch alle, die um Frankreich trauern. Wer trauert um uns?)

Das sind ein paar der Eindrücke aus meinem News-Feed.
 


Leid mit Leid vergleichen

Ich bin die Erste, die sagt, es ist ungerecht, dass der Krieg in Serbien niemals medial thematisiert wird. Ich stimme meinen Landsleuten zu, dass es unfair ist, dass damals Bomben über unsere Köpfe geflogen sind.

Aber was zur Hölle stimmt nicht mit euch? Wie kommt ihr heute, 16 Jahre nach dem NATO-Angriff, dazu, Terror in Frankreich mit der Intervention zu vergleichen?

Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Was nehmt ihr euch heraus, Leid mit Leid zu vergleichen?

Schämt ihr euch kein bisschen?

 

 

Opferrolle, Lieblingsrolle

Wir Serben stellen uns gerne in eine Opferrolle, manchmal zu Recht, manchmal eben nicht. Heute, wo die Welt auf Paris schaut und sich fragt, wie weit es gekommen sein muss, dass Menschen auf offener Straße erschossen werden, ist nicht der richtige Zeitpunkt um Opfer zu spielen.

Ich weiß, wie schlimm es sich anfühlt, dass seinem Leid kein Gehör verliehen wird. Aber ist das ein Grund, andere Gräueltaten zu instrumentalisieren?

Definitiv nicht. Ich hoffe wirklich, dass die Menschen endlich ihr Hirn und ihre Empathie einschalten und aufhören, zu bashen was nur möglich ist.

Und bevor irgendein Serbe jetzt sagt, ich sei unloyal: Ich bin stolz auf meine Herkunft, traurig was für ein Schatten darüber fällt, verurteile aber alle, die Leid mit Leid vergleichen wollen. Und ich verurteile auch alle, die versuchen, sich in diesen Stunden in den Opferfokus zu schieben. Seien es Serben, Muslime oder Libanesen. Ja euch geschieht auch Schlimmes, aber was hat das mit Paris zu tun?

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