Paris, mon amour

14. November 2015

Paris

paris
Foto: Natalija Stojanovic

Als ich gestern Abend die Push-Nachricht auf meinem Handy sah, ist mir kurz die Luft weggeblieben. Als ich gesehen habe, dass es Anschläge um das Stadion, in dem Deutschland gegen Frankreich spielte, gab, bin ich in Panik ausgebrochen. Drei meiner Freunde waren im Stadion. Irgendwann kam dann die erlösende Nachricht: Allen geht es gut.

Aber es geht nicht allen gut, es sind 130 Menschen gestorben, unzählige schweben in Lebensgefahr. Ich habe es nicht geschafft das Handy wegzulegen, habe jeden Bericht gelesen. Was ist nur los mit unserer Welt?

Paris, je t’aime

Paris ist meine Lieblingsstadt. Als ich das erste Mal über die Bastille gelaufen bin, habe ich mich so schön wie nie gefühlt. Paris hat mir das Gefühl gegeben, dass alles gut ist. Dass alles schön ist, dass das Leben unendliche Möglichkeiten bietet und das „C’est la vie“ wahr ist.

Als ich das erste Mal am Place de la Republique  war, dachte ich: Wie schön, herrschaftlich und faszinierend kann eine Stadt sein?

Als ich meinen ersten Café au lait in Montparnasse trank, habe ich mir gedacht: Das ist Leben genießen! Diese Freiheit und grenzenlose Vielfalt macht für mich Paris aus.

Paris
Foto: Natalija Stojanovic

Egal wie kitschig sich das anhört, es ist so. Jeder, der Paris wahrgenommen hat, wird mir zustimmen.

Die Facetten der Stadt machen Paris zu dem, was es ist. Der Typ, der sich einen Joint in der Metro anmacht, genauso wie der Croissant-Verkäufer, der mein Französisch nicht versteht und mich bis auf Weiteres ignoriert.

Montparnasse
Foto: Natalija Stojanovic

La ville de...

Die Stadt der Liebe ist Paris seit heute nicht mehr. Wenn ich an das Bataclan denke, sehe ich das Video des französischen Journalisten Psenny. Wie junge Männer blutüberströmte Körper ihrer Freunde durch die Gassen der Stadt schleifen. Ich sehe mich, wie ich in der Rue Oberkampf mit meinen Freunden meinen Sauvignon Blanc trinke. Wie zwei Blocks weiter, solchen weintrinkenden Freunden in den Kopf geschossen wird.
 

Liberté

Wer hinter den Anschlägen steckt, ist mir egal. Ob ISIS oder ein gut organisierter Breivik-Nachahmer. Es ist mir egal. Sie haben uns Paris zerstört. Das Gefühl von Paris, die Gelassenheit von Paris. Mein Traum war es immer in Paris zu leben. Jetzt frage ich mich, wo ich leben will. Denn wie Obama und Merkel richtig sagen: Es ist nicht nur ein Angriff auf die Franzosen, es ist ein Angriff auf uns. Auf unseren Lebensstil, unsere Freiheit und unsere Werte. Ich frage mich, wie es soweit kommen konnte, dass das Leben, was man sich Jahrhundertelang in Europa aufgebaut hat, so schnell zerstörbar ist.

Nous sommes unis

Was mich nach dieser kurzen Nacht besonders trifft, sind die Kommentare, die man so in Foren lesen kann. Flüchtlinge sind schuld. Das war mir sowieso klar. Aber was ist nur los mit denen, die sagen, um andere Menschen wird nicht so getrauert, wie um die Toten in Paris?

Ja, vielleicht habt ihr Recht. Ich hatte keine Tränen in den Augen, als ich von der Bombe in Beirut gelesen habe. Aber ich war noch nie in Beirut, ich kenne keine Menschen in Beirut, Beirut ist so weit weg. Ihr habt Recht, dass jedes Menschenleben gleich wert ist. Nur können wir starke Empathie nur empfinden für das, was wir kennen, was wir fühlen können. Ich finde es schade, dass viele sich durch die Tragödie in die Opferrolle versetzen.

Genauso wie ich jetzt überall lese „I am a muslim, but not a terrorist.“ Wer zur Hölle behauptet das? FPÖ-Wähler und Pegida-Anhänger?  Wenn ihr euch von so etwas affektieren lasst, tut es mir leid. Aber ihr wisst doch ganz genau, dass kein klardenkender Mensch eure Religion für das verantwortlich macht. Ja der IS ist islamistisch motiviert, aber ich glaube wir haben alle begriffen, dass das nichts mit dem tatsächlichen islamischen Glauben zu tun hat. Und Menschen, die das nicht verstehen, sollte man ignorieren können.

Eine Userin im Standard-Forum hat für mich die beste Aussage getroffen:

„Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir keinen Frieden wünschen. Weil dann gäbe es keine Menschen mehr. Ich würde mir wünschen, dass es keine Waffen auf der Welt gibt. Dann sollen sie sich doch mit Sand bewerfen.“

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